Rz. 32

Zusätzlich zu den bei der Testamentsvollstreckung am Einzelunternehmen aufgezeigten Fragestellungen sind bei der Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich daraus ergeben, dass dritte Personen, regelmäßig die Mitgesellschafter, beteiligt sind.

 

Rz. 33

In der Praxis ist in Gesellschaftsverträgen meist geregelt, dass die Gesellschaft mit einem oder mehreren Erben fortgesetzt wird. Es findet eine sogenannte Sondererbfolge bezüglich des Gesellschaftsanteils statt. Bei einer Mehrheit von Erben muss es nicht zwangsläufig die Folge sein, dass alle in den Gesellschaftsanteil einrücken, sondern abweichend von der Beteiligung an der Erbengemeinschaft nur einzelne Erben in die Gesellschafterstellung nachfolgen. Letztlich wird die Rechtsnachfolge also an der Erbengemeinschaft vorbei geregelt. Ist in einem Gesellschaftsvertrag hingegen geregelt worden, dass nur Erben, die eine bestimmte Qualifikation (Berufsausbildung, Alter, Berufserfahrung) erfüllen, in die Gesellschafterstellung eintreten dürfen, so findet nach dem Grundsatz "Gesellschaftsrecht vor Erbrecht" eine unmittelbare Rechtsnachfolge desjenigen Erben, der die Qualifikationen erfüllt, statt. Dabei wird der Gesellschaftsanteil auch Nachlassbestandteil.[39]

 

Rz. 34

Übt ein Testamentsvollstrecker sein Amt im Rahmen einer Abwicklungsvollstreckung aus, unterliegt bei Personengesellschaften der Anteil des verstorbenen Gesellschafters der Abwicklungsvollstreckung. Der Testamentsvollstrecker hat in diesem Fall die alleinige Verfügungsbefugnis.

Eine Testamentsvollstreckung an einem Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft ist rechtlich und praktisch nur unter Beachtung der erbrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Vorgaben durchführbar. Grundsätzlich richtet sich die Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers danach, inwieweit seine Handlungen in den Kernbereich der Mitgliedschaft des Gesellschafters in der Personengesellschaft eingreifen. Zum Kernbereich werden dabei nach h.M. sämtliche Rechte gezählt, die für den jeweiligen Gesellschaftsanteil maßgeblich sind und ihm nicht gegen seinen Willen entzogen werden dürfen. Die Kernbereiche als Begrenzung der Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers wird in der jüngeren Literatur teilweise in Abrede gestellt, ohne allerdings fest greifbare Alternativen aufzuzeigen.[40]

 

Rz. 35

Ein Erbe ist nach § 2211 BGB nicht berechtigt, über einen Gesellschaftsanteil, der einer Testamentsvollstreckung unterliegt, zu verfügen. Dieses Recht steht dem Testamentsvollstrecker nach § 2205 Abs. 2 BGB zu. Eine unentgeltliche Verfügung ist dem Testamentsvollstrecker jedoch nicht möglich. Etwas anderes gilt dann, wenn die Erben zustimmen.

Die fehlende Zustimmung der übrigen Gesellschafter macht die Testamentsvollstreckung nicht gänzlich unmöglich. Sie bleibt jedoch auf die Außenseite der Beteiligung beschränkt.

[40] Bengel/Reimann/Pauli, 2021, § 5 Rn 176a.

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