Rz. 9

Ein Handelsunternehmen ist, wie auch sonstige gewerbliche Unternehmen, die kein Handelsgeschäft nach dem Handelsgesetzbuch darstellen, frei vererblich. Nach h.M. und Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine verwaltende Dauertestamentsvollstreckung an einem einzelkaufmännischen Unternehmen oder einer persönlich haftenden Beteiligung nicht zulässig ist.[8] Würde man eine Fortführung im Rahmen einer Verwaltungsvollstreckung bejahen, könnte der Testamentsvollstrecker Verbindlichkeiten für die Erben eingehen, für die der Erbe mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass haften würde. Dies käme einer Fortführung des Handelsgeschäfts mit beschränkter Haftung gleich, was gesetzlich nicht vorgesehen ist. Denn ein Handelsgeschäft wird gerade durch die persönliche Haftung des Inhabers mit seinem gesamten Vermögen, also auch mit seinem Privatvermögen geprägt.

 

Rz. 10

Über die Anordnung einer Testamentsvollstreckung wäre es somit möglich, außerhalb des numerus clausus der Gesellschaftsformen aus einem voll haftenden (einzelkaufmännischen) Unternehmen ein Unternehmen eigener Art zu schaffen, das in seiner Haftung beschränkt wäre, ohne dies nach außen zu verlautbaren und das überdies auch nicht den Schutzvorschriften zur Kapitalerhaltung unterläge. Dies ist mit den Schutzgedanken des Handels- und Gesellschaftsrecht nicht vereinbar. Überdies verstieße eine solche Konstruktion nach ganz überwiegender Auffassung gegen den in Art. 2 EGHGB verankerten Grundsatz des Vorranges des Handelsrechts vor dem Erbrecht.

 

Rz. 11

Eine Abwicklungsvollstreckung nach §§ 2203 f. BGB kommt dagegen in Betracht, denn hier wird der Testamentsvollstrecker nicht als Unternehmer, sondern als reiner Abwickler tätig. Überdies kennt das Handelsrecht mit der Dreimonatsfrist nach §§ 27, 139 HGB grundsätzlich eine vergleichbare Situation bei der Unternehmenseinstellung durch den Erben.[9]

 

Rz. 12

Vorab sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der hohe "theoretische" Aufwand, der für eine zulässige Testamentsvollstreckung im unternehmerischen Bereich zu betreiben ist, in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zur Praxistauglichkeit dieser Lösungen steht.[10] An dieser Stelle zeigt sich, dass eine Testamentsvollstreckung nur so gut gelingen kann, wie die sie durch die vorangegangene Planung und Gestaltung der Nachfolge, das sog. Estate Planning vorbereitet wurde. Wird hier rechtzeitig und richtig gestaltet, kann auch die Testamentsvollstreckung ihr Ziel auf optimalem Wege erreichen.

[8] Bengel/Reimann/Pauli, § 5 Rn 118, 119.
[9] Lorz, Unternehmensrecht, § 1 II, 30 f.
[10] Weidlich, NJW 2011, 641, spricht von unbefriedigenden und nicht ausreichenden Alternativen.

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