Rz. 6

Das Handels- und Gesellschaftsrecht gesteht dem Erben eines Unternehmens im Erbfall Möglichkeiten zu, seine Haftung für Altverbindlichkeiten zu beschränken, allerdings nur in klar begrenztem Umfang und mit unterschiedlichen Folgen für Einzelunternehmen und Gesellschaften.

Ein Einzelunternehmen ist ein solches, das von einem einzelnen (eingetragenen) Unternehmer geführt wird und das in dessen Eigentum steht. Steuerrechtlich wird zwischen Privat- und Betriebsvermögen unterschieden, so dass der Einzelunternehmer tatsächlich im steuerrechtlichen Sinne über zwei getrennte Vermögensmassen verfügt, wobei Abgrenzungen nicht immer eindeutig sind (z.B. Immobilien, die für private und unternehmerische Zwecke genutzt werden). Im Handelsrecht ergibt sich der Grundsatz der Vererbung aus § 22 Abs. 1 HGB. Bei Fortführung unter der bisherigen Firma (mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes) haftet der Erbe[6] des Einzelunternehmens nach der Maßgabe des §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 HGB persönlich und unbeschränkt für die vom Erblasser stammenden Verbindlichkeiten. Eine Fortführung des Handelsgeschäftes unter Beschränkung der Haftung auf den Nachlass für vom Erblasser stammende Geschäftsverbindlichkeiten ermöglicht § 27 Abs. 2 HGB. Diese Durchbrechung des handelsrechtlichen Grundsatzes der persönlichen und unbeschränkten Haftung ist aber zeitlich klar auf den Fall begrenzt, dass der Geschäftsbetrieb binnen drei Monaten eingestellt wird, § 27 Abs. 2 S. 1 HGB.[7] Ein Haftungsausschluss für Neuverbindlichkeiten ist nicht möglich. Sinn dieser Vorschrift, die eine spezielle, durch erbrechtliche Haftungsbeschränkungen nach §§ 1975 ff. BGB nicht umgehbare Haftungsgrundlage darstellt, ist es, den Erben die genaue Prüfung der oftmals unübersichtlichen wirtschaftlichen Situation des Handelsgeschäftes zu ermöglichen, ohne sie sofort der Gefahr einer Haftung mit ihrem Privatvermögen für das möglicherweise überschuldete Unternehmen auszusetzen.

 

Rz. 7

Die Frage, ob auch der Erbe nach § 25 Abs. 2 HGB wie ein Erwerber durch eine entsprechende Kundgabe seine Haftung begrenzen kann, ist strittig. Jedoch wird es nach h.M. für zulässig erachtet. Dafür spricht die umfassende Verweisung des § 27 Abs. 1 HGB auf § 25 HGB. Dann ist eine Eintragung und Bekanntmachung im Handelsregister notwendig.

Ein Handelsgeschäft, das bisher von einem Einzelunternehmer geführt wurde, kann ungeteilt auf eine Erbengemeinschaft übergehen, ohne dass diese dann eine OHG oder KG gründen müsste oder durch den Übergang automatisch gründen würde. Die Erbengemeinschaft kann ein Handelsgeschäft ungeteilt fortführen, das Handelsgeschäft wird Gesamthandvermögen nach §§ 2032 ff. BGB.

 

Rz. 8

Das Korrelat zu § 27 HGB stellen bei Personenhandelsgesellschaften die Vorschriften der § 139 HGB bzw. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 139 HGB dar. Auch hier soll der Erbe vor den aus der Mitgliedschaft folgenden Haftungsgefahren so lange bewahrt werden, bis er diese besser überblicken kann. Dazu gewährt das Handelsrecht dem Erben eines Komplementäranteils für den Zeitraum von drei Monaten (§ 139 Abs. 3 HGB) die Möglichkeit, sein Verbleiben in der Gesellschaft von der Einräumung einer Kommanditistenstellung abhängig zu machen (§ 139 Abs. 1, 2 HGB). Während dieser Frist haftet der Erbe unter der Voraussetzung der Umwandlung seiner Beteiligung bzw. seines Ausscheidens oder der Auflösung der Gesellschaft auf den Nachlass beschränkt (§ 139 Abs. 4 HGB i.V.m. §§ 1975 ff. BGB).

[6] Auch der Erbengemeinschaft ist die Fortführung ohne den Umweg einer OHG-Gründung möglich. Es haften die Fortführenden und die der Fortführung zustimmenden Erben. Zur (Un-)Möglichkeit des stillschweigenden Wechsels von einer Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Tamoj/Schiemann, ErbR 2018, 124.
[7] Die Dreimonatsfrist findet sich im Übrigen auch im Minderjährigenhaftungsbegrenzungsrecht, § 1629a BGB.

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