Rz. 772

Gemäß § 9 Abs. 3 MB/KT trifft den Versicherungsnehmer eine Untersuchungsobliegenheit. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Versicherer eine zuverlässige Möglichkeit hat, die Arbeitsunfähigkeit selbst überprüfen und insbesondere feststellen zu lassen, ob diese auch tatsächlich zu 100 % besteht. Der Versicherer schaltet hierzu einen Arzt seines Vertrauens ein, den er auswählt und dessen Kosten er bezahlt. Hiervon wird der Versicherte informiert und vom Arzt zur Untersuchung aufgefordert.

 

Rz. 773

Probleme treten gelegentlich deshalb auf, weil der Versicherungsnehmer Bedenken hat, ob der vom Versicherer ausgewählte Arzt vom Fachgebiet her geeignet ist, die Erkrankung zu beurteilen. Es besteht keine Verpflichtung zur Untersuchung, wenn klar feststeht, dass die Erkrankung nicht zum Fachgebiet des untersuchenden Arztes gehört. Es bedarf hier jedoch besonderer Überprüfung durch den Versicherungsnehmer, da er oft nicht in der Lage ist, die Kompetenz des Arztes zuverlässig festzustellen. Eine Weigerung, der Untersuchungsobliegenheit nachzukommen, sollte daher sehr gründlich auf ihre Berechtigung hin geprüft werden, zumal der Versicherer im Falle der Weigerung – unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 MB/KT, § 6 Abs. 3 VVG – leistungsfrei wird.

 

Rz. 774

Diese Untersuchungen, die von einem legitimen Nachprüfungsinteresse des Versicherers getragen werden, sind vom Versicherungsnehmer zu ermöglichen. Nach Auffassung des OLG Saarbrücken[517] begeht ein Versicherungsnehmer allerdings weder grob fahrlässig noch vorsätzlich eine Obliegenheitsverletzung, wenn er die verlangte Untersuchung bei einem vom Versicherer beauftragen Arzt auf anwaltlichen Rat verweigert hat.

 

Rz. 775

Eine Verpflichtung des Versicherers, die Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen, falls er sie nicht akzeptieren will, besteht nicht. Arbeitsunfähigkeitsnachweise erbringen nach der Rechtsprechung des BGH[518] nicht den Beweis der Arbeitsunfähigkeit; daher ist es dem Versicherer nicht verwehrt, auch zu einem späteren Zeitpunkt noch hiergegen anzugehen.

[517] OLG Saarbrücken v. 29.6.2011 – 5 U 297/09, VersR 2012, 845 unter Hinweis auf BGH v. 8.1.1981 – IVa ZR 60/80, VersR 1981, 321.

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