Rz. 792

Voraussetzung für die Leistungspflicht ist die im Ausland notwendige Heilbehandlung der auf der Reise im Ausland unvorhergesehen eingetretenen Krankheit und Unfallfolgen.

Eine Erkrankung ist dann unvorhergesehen eingetreten, wenn der Versicherungsnehmer ihren Eintritt während der Auslandsreise nicht vorhergesehen hat und ihn ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit auch nicht vorhersehen konnte.[526] Hierbei ist auf die subjektive Sicht des Versicherungsnehmers bzw. der betroffenen versicherten Person abzustellen.[527]

 

Rz. 793

Der BGH[528] hat nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass allein entscheidend ist, welche Informationen dem Versicherungsnehmer bzw. dem Versicherten durch behandelnde Ärzte konkret gegeben worden waren. Mithin ist ein medizinischer Sachverständiger nicht zu der Frage zu hören, inwieweit Vorerkrankungen das Risiko der Erkrankung an einer akuten Krankheit nach medizinischem Ermessen objektiv erhöht haben. Insbesondere erkenne der durchschnittliche Versicherungsnehmer beim Vergleich der Leistungsbeschreibung in Form des Vorliegens einer akuten, unerwarteten Erkrankung mit dem Risikoausschluss für absehbare Erkrankungen, dass akute, mithin im versicherten Zeitraum neu und plötzlich auftretende Erkrankungen ­Versicherungsschutz genießen, während die Behandlung bereits bestehender und bekannter ­Vorerkrankungen einschließlich möglicher Behandlungsfolgen vom Versicherungsschutz ausgenommen ist. Er wird daher annehmen, dass eine akute, unerwartete Erkrankung etwas anderes ist als die bekannten Beschwerden, Erkrankungen und Verletzungen, bei denen der Ausschluss von Krankheiten gilt, deren Eintritt nicht vorhersehbar oder unerwartet war.

 

Rz. 794

Eine dem Versicherten bekannte Grunderkrankung, die erfahrungsgemäß zu gelegentlichen Akutbeschwerden führt, schließt den Versicherungsschutz für akute Vorfälle nicht grundsätzlich aus. Entscheidend ist vielmehr, ob sich dem Versicherten die Erkenntnis aufdrängen musste, dass die Gefahr von Akutbeschwerden gerade während der Auslandsreise gesteigert sein ­werde.[529]

 

Rz. 795

Dagegen stellt eine Verschlimmerung oder Verschlechterung eines chronischen Leidens lediglich die Fortdauer einer bereits bestehenden und damit keine unvorhergesehene Erkrankung i.S.d. Reisekrankenversicherung dar.[530]

 

Rz. 796

Der Beweis der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Versicherten obliegt dem Versicherer.

[527] BGH v. 21.9.2011 – IV ZR 227/09 sowie IV ZR 229/09, VersR 2012, 89 = zfs 2012, 33; BGH v. 20.3.1994 – IV ZR 109/93, VersR 1994, 549; OLG Köln v. 4.11.1998 – 5 U 87/97, NVersZ 1999, 131 = NJW-RR 1999, 824; OLG Hamm v. 8.11.2000, 20 U 44/00 – VersR 2001, 1229; OLG Köln v. 30.9.2010 – 20 U 62/09, VersR 2010, 379; OLG Köln v. 18.5.2012 – 20 U 111/11, r+s 2013, 445.
[528] BGH v. 21.9.2011 – IV ZR 227/09 sowie IV ZR 229/09, VersR 2012, 89 = zfs 2012, 33.
[529] OLG Hamm v. 8.11.2000 – 20 U 44/00, VersR 2001, 1229.
[530] OLG Jena v. 17.12.1997 – 4 U 742/97, VersR 1999, 220 = r+s 1998, 517.

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