Rz. 222

In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes gem. § 14 Abs. 2a S. 1 TzBfG bis zu einer Dauer von vier Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer von 4 Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dabei begrenzt § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG – anders als § 14 Abs. 2 TzBfG – die Zahl der Verlängerungsverträge nicht, sondern lässt "mehrfache" Verlängerungen zu. Dies gilt gem. § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG jedoch nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. § 14 Abs. 2 TzBfG lässt es zu, dass noch am letzten Tag des Vier-Jahres-Zeitraums ein bis zu vier Jahre befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen wird. Damit kann die Privilegierung noch bis zum Ablauf des achten Jahres nach Gründung des Unternehmens wirken (Küttner/Kania, Befristetes Arbeitsverhältnis, Rn 12; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn 105; a.A. KR/Lipke, Rn 330).

 

Hinweis

In solchen Fällen ist aber darauf zu achten, dass der letzte Vertrag über eine vierjährige Laufzeit vereinbart wird, da nach herrschender Meinung Verlängerungsverträge von einem über vier Jahre alten Unternehmen nicht mehr nach § 14 Abs. 2a TzBfG geschlossen werden können (Preis, NZA 2004, 197; Thüsing, ZfA 2004, 67, 96; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn 105).

 

Rz. 223

§ 14 Abs. 2a TzBfG stellt auf neu gegründete "Unternehmen" ab. Die Errichtung eines neuen Betriebes in Unternehmen, welches schon länger als vier Jahre besteht, ist infolgedessen nicht ausreichend. Übernimmt aber ein neu gegründetes Unternehmen einen Betrieb oder Betriebsteil, der schon länger als vier Jahre besteht, kann es die Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2a TzBfG in Anspruch nehmen (Küttner/Kania, Befristetes Arbeitsverhältnis, Rn 13; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn 104; a.A. Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus, § 14 TzBfG Rn 415 h; krit. auch Preis, DB 2004, 79).

Wird innerhalb eines Konzerns eine Tochtergesellschaft ohne Änderung der rechtlichen Struktur schon bestehender Unternehmen neu gegründet, um bislang im Konzern nicht wahrgenommene wirtschaftliche Aktivitäten zu verfolgen, kann die neu gegründete Tochtergesellschaft von der erleichterten Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2a S. 1 TzBfG Gebrauch machen (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Ls.). Die Tochtergesellschaft ist keine nach § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG von der erleichterten Befristungsmöglichkeit ausgenommene Neugründung im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Ls.). Auch in diesem Fall besteht regelmäßig trotz der Einbindung in bestehende Konzernstrukturen eine Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des neu gegründeten Unternehmens und den dort anfallenden Personalbedarf, der die erleichterte Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2a TzBfG Rechnung tragen will (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Rn 22; BT-Drucks 15/1204, 10).

Dem steht nicht entgegen, dass es in der Gesetzesbegründung heißt, für "Existenzgründer" sei der wirtschaftliche Erfolg besonders ungewiss, ihnen solle die Entscheidung zu Einstellungen erheblich erleichtert werden (vgl. BT-Drucks 15/1204, 10). Das mag dafür sprechen, dass der Gesetzgeber der besonderen Ungewissheit des wirtschaftlichen Erfolgs von Existenzgründern Rechnung tragen wollte (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Rn 23; vgl. auch APS/Backhaus, TzBfG, 5. Aufl., § 14 Rn 415e). Dem kann jedoch nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung in § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG die erweiterte Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2a S. 1 TzBfG auf Existenzgründungen "aus dem Nichts heraus" – ohne Einbindung in bestehende Konzernstrukturen – beschränken wollte (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Rn 23). Unterfielen Neugründungen von Unternehmen, die in einen Konzern eingebunden sind, generell nicht dem Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2a S. 1 TzBfG, wäre die bezweckte Förderung unternehmerischen Neuengagements erheblich eingeschränkt (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Rn 23).

Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2a TzBfG ist auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion dahin zu beschränken, dass neu gegründete Tochtergesellschaften nur dann von der erweiterten sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit Gebrauch machen können, wenn sie im Rahmen des unternehmerischen Neuengagements ein "eigenes" wirtschaftliches Risiko tragen, was dann nicht der Fall wäre, wenn eine Muttergesellschaft für die von der Tochtergesellschaft eingegangenen Verpflichtungen einstandspflichtig ist (BAG v. 12.6.2019 – 7 AZR 317/17, Rn 26). Durch § 14 Abs. 2a TzBfG soll neu gegründeten Unternehmen in der schwierigen Aufbauphase der Abschluss befristeter Arbeitsverträge besonders erleichtert werden, weil für diese der wirtschaftliche Erfolg besonders ungewiss ist und sie in der Aufbauphase kaum abschätzen können, wie sich das Unternehmen entwickeln u...

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