Rz. 838

Der Prüfungsmaßstab für Beweislastmodifikationen in Arbeitsverträgen ergibt sich aus § 309 Nr. 12 BGB hierzu Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 173 ff.). Ohne Wertungsmöglichkeit sind danach Bestimmungen unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteiles ändert, insb. in dem er diesen die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen. Gleiches soll für Bestimmungen gelten, durch die der Verwender den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten stehen der Anwendbarkeit dieser Vorschrift im Arbeitsvertragsrecht nicht entgegen. Die Rspr. hielt schon bisher eine Modifikation der gesetzlichen oder richterrechtlichen Beweislastregeln im Arbeitsvertrag für unzulässig (BAG v. 16.3.1994 – 5 AZR 339/92, DB 1994, 1726). Eine arbeitsvertragliche Klausel mit folgendem Inhalt: "Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben" hält einer AGB-Kontrolle nicht stand. Dies folgt aus § 309 Nr. 12a BGB (LAG Baden-Württemberg v. 11.3.2020 – 4 Sa 44/19).

 

Rz. 839

§ 309 Nr. 12a BGB verbietet eine Abweichung von dem von der Rspr. entwickelten allgemeinen Grundsätze der Beweislastverteilung nach Verantwortungsbereichen, wobei dies eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung bedeutet, dass immer der Geschädigte das anspruchsbegründete Verhalten des Schädigers beweisen muss. Dies erlangt bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen große Bedeutung. Deswegen wäre eine folgende Klausel unwirksam: Der Nachweis eines Verschuldens des Arbeitgebers wird zur Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs des Arbeitnehmers gemacht. Nach § 309 Nr. 12b BGB soll verhindert werden, dass es zu einer Umgehung des Verbotes einer Beweislastmodifikation in der Weise kommt, in dem der Verwender sich für die Durchsetzbarkeit eines Anspruches notwendigen Tatsachen vom anderen Vertragsteil bestätigen lässt und mit dieser Bestätigung im Streitfall den ihm obliegenden Beweis für das Vorliegen der Tatsache erbringt. Empfangsbekenntnisse hingegen sind in Abweichung zu § 309 Nr. 12b BGB wirksam, wenn sie gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Die Verwendung eines eigenen Schriftstückes ist nicht unbedingt notwendig, aber vor diesem Hintergrund ratsam. Ausreichend ist es nämlich, dass sich das Empfangsbekenntnis deutlich vom übrigen Vertragstext absetzt (Lingemann, NZA 2002, 181, 192). Als Beispiel kann hier die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach § 110 GewO i.V.m. § 74 HGB dienen. Die Wettbewerbsabrede bedarf nach dieser Vorschrift neben der Schriftform noch der Aushändigung an den Arbeitnehmer. Die Aushändigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Möchte der Arbeitgeber sich die Aushändigung im Formulararbeitsvertrag bestätigen lassen, hat er auf eine deutliche drucktechnische oder räumliche Abhebung oder Hervorhebung vom restlichen Vertragstext zu achten.

 

Rz. 840

 

Hinweis

Bei der Haftung des Arbeitnehmers ist die besondere Beweislastregelung des § 619a BGB zu beachten. Bei Pflichtverletzungen i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB wird das Verschulden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis nicht vermutet, sondern ist vom Arbeitgeber zu beweisen. Eine andere Beweislastverlagerung bei der Arbeitnehmerhaftung scheitert deshalb an § 309 Nr. 12 BGB.

 

Rz. 841

Beim abstrakten Schuldversprechen durch den Arbeitnehmer auf der Grundlage einer Vorformulierung durch den Arbeitgeber ist Folgendes zu beachten: Handelt es sich um ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis nach den §§ 780, 781 BGB und wird darin die Möglichkeit ausgeschlossen, geltend zu machen, dass der zugrunde liegende Anspruch nicht besteht, liegt darin eine Abweichung von den Regeln des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung, nämlich § 812 Abs. 2 BGB i.V.m. § 821 BGB. Ein solcher Ausschluss wäre eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unzulässig (BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, NZA 2005, 682). Auf der anderen Seite scheint es möglich, dass ein Einwendungsverzicht dann nicht gegen Grundgedanken des Bereicherungsrechtes verstößt und einer AGB-Kontrolle standhält, wenn die Parteien als neue Grundlage ihrer Beziehungen einen Vergleich abschließen, der nicht lediglich die kausale Feststellung des ursprünglichen Rechtsverhältnisses zum Inhalt hat, sondern losgelöst die Verpflichtung darstellt, dass abstrakte Schuldversprechen abzugeben. Deswegen ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Abrede die Parteien tatsächlich getroffen haben und diese Abrede ist dann nach § 307 Abs. 1 BGB zu überprüfen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge