Rz. 995

§ 309 Nr. 6 BGB steht der Vereinbarung von Vertragsstrafen in Formulararbeitsverträgen nicht entgegen. Das BAG hält diese Regelung für nicht anwendbar (BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727; BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34; BAG v. 21.4.2005, BB 2005, 2822; BAG v.17.3.2016 – 8 AZR 665/14). Das BAG sieht im Ausschluss der Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung nach § 888 Abs. 3 ZPO eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit i.S.d. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB. Dies muss zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden führen (BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 645/09, BB 2011, 767).

 

Rz. 996

Zudem ist auch bei jenen Vertragsstrafenabreden, die an die Vertragsauflösung anknüpfen, ein schützenswertes Arbeitgeberinteresse anzuerkennen. Zu denken ist dabei an Vertragsstrafen zur Sicherung der Einhaltung der Kündigungsfristen, etwa an solche Vereinbarungen, die den Nichtantritt der Arbeitsstelle oder das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sanktionieren. Sie knüpfen mit der Einhaltung der Arbeitspflicht an die arbeitsvertragliche Hauptpflicht an. Vertragsstrafenabreden sind aber auch im Kontext mit der Verletzung einzelner Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis anzutreffen, wie z.B. der versäumten oder verspäteten Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Tätigkeitsnachweisen, der Nichtherausgabe von Firmeneigentum, des Verstoßes gegen ein Nebentätigkeits- oder ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot oder der Zuwiderhandlung gegen das Gebot zur Verschwiegenheit über Geschäftsgeheimnisse. Daran hat der Arbeitgeber in der Regel ein berechtigtes Interesse (BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727; 733; BAG v. 19.8.2010, BB 2011, 767), wobei dies allerdings nicht generell für Vertragsstrafen bei einer Nebenpflichtverletzung gelten kann. Hier gibt es nämlich oftmals gesetzliche Sanktionsmöglichkeiten wie z.B. § 7 EFZG.

Vertragsstrafen dagegen, die nicht für den Fall der Vertragslösung des Arbeitnehmers versprochen werden, sind bereits vom Wortlaut des § 309 Nr. 6 BGB nicht erfasst (BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NZA 2011, 89). Auch die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten i.S.d. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB brauchen in diesen Fällen nicht geprüft zu werden. Zu denken ist an Vertragsstrafen für den Fall eines Vertragsverstoßes des Arbeitnehmers oder für die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber.

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