Rz. 795

Im Hinblick auf die Annahme einer Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist des Öfteren der sog. Blue Pencil-Test genannt worden. Dieser soll Folgendes bedeuten: Sind zwei Teile einer Klausel inhaltlich und sprachlich trennbar, weil der unwirksame Teil ohne Weiteres gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teiles darunter leidet, soll nach dieser Rechtsfigur die Klausel insoweit aufrechterhalten werden (BAG v. 11.4.2005, NZA 2006, 1043, 1045; BAG v. 21.4.2005, NZA 2005, 1053; BGH v. 3.12.2003, NJW 2004, 1240; LAG Brandenburg v. 29.7.2005, DB 2006, 786, zur Ausschlussfrist; BAG v. 13.4.2010, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47). Nach dieser Auffassung sind Gegenstand der Inhaltskontrolle dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen (BAG v. 25.8.2010, EzA BGB 2002, § 307 Nr. 49; BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09). Z.B. haben Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalte unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen und sind damit teilbar (BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746). Dagegen ist eine Klausel, nach der die vom Arbeitgeber getragenen Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund vom Arbeitnehmer zurückgezahlt werden müssten, nicht teilbar. Hier wird eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung von Ausbildungskosten angenommen (BAG v. 11.4.2005, NZA 2006, 1043).

 

Rz. 796

Daraus entwickelt sich die Frage, wie die Teilbarkeit einer Klausel zu bestimmen ist. Das BAG hat die oben genannte Figur bereits eingesetzt zur teilweisen Aufrechterhaltung einer Vertragsstrafenklausel, die zumindest teilweise nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam war (BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, BB 2005, 2822, 2824; abl. Thüsing, BB 2006, 661, 662; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 119). Entscheidend muss dabei sein, wann eine Klausel eine einheitliche Regelung enthält oder wann sie mehrere Regelungen in sich vereint. Auch für eine zweistufige Ausschlussfrist ist eine Teilbarkeit anzunehmen. Die Teilbarkeit einer solchen Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teiles mit einem "blauen Stift" zu ermitteln. Ist die verbleibende Regelung weiter verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen (BAG v. 12.3.2008, NZA 2008, 699, 701).

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