Rz. 615

Ein Darlehen an Arbeitnehmer (auch Arbeitgeberdarlehen genannt) liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über die Entgeltzahlung hinaus einen Geldbetrag zur Verfügung stellt, der üblicherweise auch sonst als Kredit in Anspruch genommen wird. Das Arbeitgeberdarlehen ist abzugrenzen von Arbeitnehmerdarlehen, Vorschüssen und Abschlagszahlungen.

 

Rz. 616

Von Arbeitnehmerdarlehen spricht man, wenn umgekehrt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Kapital zur vorübergehenden Nutzung zur Verfügung stellt, z.B. mit dem Ziel der Überbrückung von Liquiditätsengpässen zur Erhaltung des eigenen Arbeitsplatzes.

 

Rz. 617

Von der Abschlagszahlung unterscheidet sich das Arbeitgeberdarlehen dadurch, dass Abschlagszahlungen des Arbeitgebers auf vom Arbeitnehmer bereits verdiente, aber noch nicht abgerechnete Vergütungen erfolgen.

 

Rz. 618

Vorschüsse sind Zahlungen des Arbeitgebers auf erst zukünftig noch zu verdienende Vergütungen. Die Abgrenzung zwischen (regelmäßig zinsfreien) Vorschüssen und Arbeitgeberdarlehen kann im Einzelfall schwierig sein.

a) Zustandekommen und Wirksamkeit

 

Rz. 619

Es gelten die allgemeinen Regeln des BGB und bei Verwendung von für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Bedingungen ergänzend die §§ 305 ff. BGB. Bedeutung kann ferner § 107 Abs. 2 GewO haben, wonach es dem Arbeitgeber verboten ist, dem Arbeitnehmer eigene Waren des Arbeitgebers auf Kredit zu überlassen.

 

Rz. 620

Bei Arbeitgeberdarlehen sind im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen an Prokuristen, zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten, und Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat die §§ 89, 115 AktG von Bedeutung, wonach die Darlehensvergabe der Einwilligung des Aufsichtsrates bedarf. I.Ü. sind vor der Darlehensvergabe in allen Fällen die Satzungen, Gesellschaftsverträge, Geschäftsordnungen und sonstige interne Regelungen im Hinblick auf evtl. Zustimmungsvorbehalte zu überprüfen, wobei Verstöße hiergegen nicht zwangsläufig die Unwirksamkeit des Darlehensvertrags zur Folge haben.

 

Rz. 621

Bei Arbeitgeberdarlehen an Betriebsräte ist § 78 S. 2 Alt. 2 BetrVG zu beachten.

 

Rz. 622

Verbraucherschutzregelungen, insb. nach §§ 492498 BGB finden dann keine Anwendung, wenn der mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Zins unter dem marktüblichen Zins liegt.

b) Verzinsung als geldwerter Vorteil

 

Rz. 623

Die Verzinsung setzt eine ausdrückliche Vereinbarung voraus, fehlt diese, ist das Darlehen zinslos (§ 488 Abs. 1 BGB). Bei unter dem üblichen Kapitalmarktzinssatz liegenden Zinsen handelt es sich bei dem Zinsvorteil regelmäßig um Arbeitslohn. Steuerlich berücksichtigt wird der Zinsvorteil aber nur, wenn die Darlehnsschuld am Ende des Lohnzahlungszeitraumes, also regelmäßig zum Monatsende, 2.600 EUR übersteigt (vgl. BMF-Rundschreiben v. 19.5.2015, DStR 2015, 1180 Tz. 4).

 

Rz. 624

Der Maßstab zur Beurteilung, ob ein Zinsvorteil gewährt wird, ist der jeweilige Marktzins vergleichbarer Darlehn (Kreditart, Laufzeit, Zinsbindung etc.) (vgl. BFH v. 4.5.2006 – VI R 28/05).

 

Rz. 625

Danach ergibt sich folgende Bewertung: Der geldwerte Vorteil bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem marktüblichen Zins und dem Zins, den der Arbeitnehmer im konkreten Einzelfall zahlt. Es ist hierbei grds. für die gesamte Vertragslaufzeit der Zinssatz bei Vertragsabschluss maßgeblich, es sei denn, es ist ein variabler Zinssatz vereinbart. Hinsichtlich der Bewertung des geldwerten Vorteiles bei Arbeitgeberdarlehen ist zwischen einer Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG (z.B. Arbeitnehmer eines Einzelhändlers erhält ein zinsgünstiges Arbeitgeberdarlehen) und § 8 Abs. 3 EStG (z.B. Sparkassenangestellter erhält ein zinsgünstiges Arbeitgeberdarlehen) zu unterscheiden.

 

Rz. 626

Bei der Feststellung, ob die monatliche 44-Euro-Freigrenze (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG) überschritten wird, sind Vorteile aus zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen einzubeziehen.

 

Rz. 627

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn bei einer Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG für die Feststellung des marktüblichen Zinssatzes die bei Vertragsabschluss von der Deutschen Bundesbank zuletzt veröffentlichten Effektivzinssätze – also die gewichteten Durchschnittszinssätze – herangezogen werden. Es sind die Effektivzinssätze unter "Neugeschäft" maßgeblich. Von dem sich danach ergebenden Effektivzinssatz kann ein Abschlag von 4 % vorgenommen werden. Aus der Differenz zwischen diesem Maßstabszinssatz und dem Effektivzinssatz des Arbeitgeberdarlehens sind die Zinsverbilligung und der geldwerte Vorteil zu berechnen, wobei die Zahlungsweise der Zinsen (z.B. monatlich, jährlich) unmaßgeblich ist. Zwischen den einzelnen Arten von Krediten (z.B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit) ist zu unterscheiden. Die Vereinfachungsregelung kann in allen offenen Fällen angewandt werden.

 

Rz. 628

Auch beim Erlass einer Darlehensschuld, etwa im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages zur Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses oder bei einem Verzicht des Arbeitgebers auf eine weitere (möglicherweise erfolglose) Beitreibung stellt sich regelmäßig die Frage na...

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