Rz. 36

Zunächst stellt sich für die Haftung des Gesellschafter-Erben die Frage nach einer möglichen Haftung für Gesellschaftsschulden, also Verbindlichkeiten der BGB-Gesellschaft, die bereits vor seinem Eintritt als Gesellschafter begründet wurden.

 

Rz. 37

Nach seiner Entscheidung vom 29.1.2001[59] führt der BGH in mehreren Entscheidungen[60] aus, dass soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der BGB-Gesellschaft persönlich haftet, das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen bei der OHG entspricht.[61]

Damit haftet der Gesellschafter der BGB-Gesellschaft und in der Folge auch der eintretende Gesellschafter-Erbe gem. §§ 128, 130 HGB für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner mit den übrigen Gesellschaftern persönlich und zwar auch für solche Verbindlichkeiten, die bereits vor seinem Eintritt begründet waren.[62] Die Haftung des Gesellschafters folgt der Haftung der Gesellschaft und entspricht dem Akzessorietätsprinzip im Gegensatz zu der zuvor verfolgten Doppelverpflichtungslehre.[63]

 

Rz. 38

Für den in die Gesellschaft eintretenden Erben befindet sich das Haftungsrisiko damit auf der gleichen Stufe, als würde er in eine OHG eintreten. Um dieser Haftung zu entgehen, könnte er, abgesehen von den nachfolgend beschriebenen erbrechtlichen Haftungsbeschränkungen, nur gem. §§ 1942 ff. BGB die gesamte Erbschaft ausschlagen.

 

Rz. 39

Es stellt sich daher die Frage, ob der Erbe auch hinsichtlich eines Gesellschaftsanteils an einer BGB-Gesellschaft ein Austrittsrecht wie der Erbe des Gesellschaftsanteils einer Handelsgesellschaft gem. § 139 HGB.

 

Rz. 40

Grundsätzlich sieht das BGB eine entsprechende Regelung nicht vor.

 

Rz. 41

Zwar ermöglicht § 723 Abs. 1 S. 1 BGB die jederzeitige Kündigung der Gesellschaft, jedoch erreicht der kündigende Gesellschafter-Erbe hierdurch nicht die Haftungsbeschränkung des § 139 Abs. 4 HGB. Er haftet vielmehr gem. § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB für die schon bestehenden Verbindlichkeiten nach.

Auch ist ihm gem. § 723 Abs. 2 BGB die Kündigung zur Unzeit nicht ohne wichtigen Grund gestattet, bzw. bedarf es eines wichtigen Grunds, wenn die Gesellschaft nicht auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. Letzteres liegt bereits dann vor, wenn der Gesellschaftsvertrag Kündigungsfristen vorsieht. Zudem schließt § 723 Abs. 3 BGB die weitere zeitliche Beschränkungen der Kündigung nicht aus,[64] so dass der Gesellschaftererbe nur eine sehr begrenzte Möglichkeit erhält, eine Haftung aus dem Erwerb des Gesellschaftsanteils auszuschließen.

 

Rz. 42

Es gibt somit keine aus Sicht des Gesellschaftererben dem § 139 HGB vergleichbare Norm, die aber nach der Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 dringend notwendig wäre, denn mit der Änderung zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft hat der BGH auch die Haftungssystematik der BGB-Gesellschaft grundsätzlich verändert.

 

Rz. 43

Schäfer folgert hieraus, entgegen der bisher h.L., dass das Austrittsrecht des § 139 HGB grundsätzlich auch in der BGB-Gesellschaft gelten muss.[65] Im Hinblick auf die Handelsrechtsreform des Jahres 1998 sei § 139 HGB auch vollständig, d.h. mit Abs. 1, anwendbar. Die BGB-Gesellschaft könne hiernach leicht in eine KG umgewandelt werden und der entsprechende Antrag des Erben gem. § 139 Abs. 1 HGB bewirkt, dass die übrigen Gesellschafter eine solche Umwandlung in die Wege leiten müssen, wollen sie ein Ausscheiden des Erben gem. § 139 Abs. 2 HGB verhindern.[66] Allein bei Gesellschaften, die ein Kleingewerbe oder reine Vermögensverwaltung betreiben, ist eine Umwandlung in eine KG nicht möglich, so dass analog zu § 9 Abs. 3 PartGG dem Erben ein unbedingtes Austrittsrecht einzuräumen ist.[67]

Auch Mock sieht nach Änderung der Rechtsprechung des BGH zur Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft eine regelwidrige Lücke des Gesetzes, die die analoge Anwendung des § 139 HGB im Recht der BGB-Gesellschaft notwendig macht.[68]

Die Regelungslücke bestehe dort, wo das Wahlrecht des Erben eines BGB-Geschäftsanteils begrenzt sei auf die Entscheidung über den Eintritt in die Gesellschaft mit allen Haftungsfolgen oder die Ausschlagung der Erbschaft mit allen Nachlassgegenständen, also auch solchen, die neben dem Geschäftsanteil bestehen.

Eine Regelung, die mit dem Recht der OHG vergleichbar sei, existiere nicht im Recht der BGB-Gesellschaft. Die vergleichbare Interessenlage ergäbe sich eben gerade aus der neuen Rechtsprechung des BGH zur Haftungssystematik der BGB-Gesellschaft, wonach die Haftungsregelungen der OHG gem. §§ 128 bis 130 HGB auch dort Anwendung finden.

§ 139 HGB fände seine Berechtigung gerade in der Haftung des eintretenden Gesellschafters für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft.[69] Deshalb sei § 139 HGB im Zusammenhang mit § 130 HGB zu sehen und müsse dementsprechend auch auf die BGB-Gesellschaft angewendet werden.

Nach Ansicht von Mock wird die analoge Anwendung des § 139 HGB allerdings auf das Wahlrecht des eintretenden Gesellschafters zum Ausscheiden aus der Ges...

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