Rz. 232

Aus englischer Sicht richtet sich die Nachlassabwicklung nach dem Belegenheitsprinzip. Für dort belegene Nachlassgegenstände wird englisches Nachlassverfahren angewendet.[404] Letzteres richtet sich für Geschäftsanteile an einer Limited nach dem Ort, an dem wirksam über den Anteil verfügt werden kann. Ob bei Eintragung der Limited in das deutsche Handelsregister auch in Deutschland wirksam über den Anteil verfügt werden kann, ist nicht sicher. Von Oertzen führt hierzu aus, dass soweit ersichtlich weder in der englischen Literatur Entsprechendes zu finden sei, noch Entscheidungen hierzu vorliegen. Man dürfe aber davon ausgehen, dass das Companies House keine andere als die englische Nachlassabwicklung akzeptieren werde, solange die Limited in England registriert ist.[405]

 

Rz. 233

Aus deutscher Sicht ist gem. Art. 25 EGBGB sowohl das deutsche materielle Erbrecht, als auch das Nachlassverfahrensrecht anzuwenden.[406] Damit würden im Nachlassverfahren die beiden Rechtsordnungen konkurrieren. Jedoch ergibt sich aus Art. 3 Abs. 3 EGBGB oder dem Prinzip des numerus clausus der dinglichen Rechte, dass der Katalog der Sachenrechte nicht durch die Anordnung eines Gesamtstatuts erweitert werden kann.[407] Ist aber nach deutschem Recht eine solche Erweiterung nicht möglich, muss dies auch für das englische Recht gelten, so dass letztlich auf die Frage des Nachlassverfahrens englisches Recht anzuwenden ist.[408] Dies ist auch unbestritten.[409]

 

Rz. 234

Bei Tod eines in Deutschland ansässigen Gesellschafters einer Limited geht der Geschäftsanteil nach vorstehender Ermittlung aufgrund englischen Rechts auf die Erben über (transmission on death), deren Person und Anteil am Nachlass nach deutschem Recht bestimmt werden.

Allerdings sieht das englische Recht vor, dass dem Nachfolger zunächst nur das Gewinnbezugsrecht zusteht, nicht jedoch das Stimmrecht, da er mit dem Übergang noch nicht als Gesellschafter registriert ist.[410] Der Nachlass wird vielmehr zunächst über einen personal representative abgewickelt.[411] Dieser kann entweder als administrator vom Gericht bestellt werden oder muss lediglich vom Gericht als executor bestätigt werden, wenn er bereits im Testament benannt war.[412] Erst wenn der Erbe als personal representative anerkannt wurde, kann er den englischen Nachlass, also die Geschäftsanteile an der Limited, in Besitz nehmen.

 

Rz. 235

Voraussetzung ist jedenfalls der Nachweis seiner Erbenstellung.[413] Der Nachweis dürfte bei Anwendung des deutschen materiellen Erbrechts durch den Erbschein zu führen sein.[414] Gesetzlich geregelt ist die Anerkennung des deutschen Erbscheins allerdings nur in der Schweiz,[415] so dass im Hinblick auf die Anwendbarkeit des englischen Abwicklungsrechts bei der Limited bezüglich der Nachweisbarkeit der Erbenstellung keine Rechtssicherheit besteht.

Zu empfehlen ist daher dem deutschen Gesellschafter einer Limited die Errichtung einer Vollmacht, die über den Tod hinaus gilt, um seinen Erben selbst eine Legitimation zu verschaffen.[416]

 

Rz. 236

Ist der Nachweis erbracht, kann der Erbe auf Antrag in die Stellung des Erblassers einrücken[417] oder, ohne selbst Gesellschafter zu werden, den Anteil verkaufen.[418]

 

Rz. 237

Für die Erbengemeinschaft ergeben sich insgesamt keine Besonderheiten gegenüber dem Einzelerben. Grundsätzlich kann ein Geschäftsanteil auch von mehreren Personen gemeinschaftlich gehalten werden, so dass auch eine Erbenmehrheit nach den o.g. Regeln in den Geschäftsanteil nachfolgen kann.

[404] V. Oertzen, ZEV 2006, 106, 107.
[405] V. Oertzen, ZEV 2006, 106, 107.
[406] V. Oertzen, ZEV 2006, 106, 108.
[407] BGH, Urt. v. 28.9.1994 – IV ZR 95/93, NJW 1995, 58, 59; v. Oertzen, ZEV 2006, 106, 107.
[408] V. Oertzen, ZEV 2006, 106, 108.
[409] V. Oertzen, ZEV 2006, 106, 107; Süß, GmbHR 2005, 673, 674.
[410] Just, Rn 247.
[411] Odersky, in: Süß, Erbrecht in Europa, Großbritannien: England und Wales, Rn 12.
[412] Odersky, in: Süß, Erbrecht in Europa, Großbritannien: England und Wales, Rn 12.
[413] Heinz, 9.4(e) Rn 99.
[414] Odersky, in: Süß, Erbrecht in Europa, Großbritannien; England und Wales, Rn 108.
[415] Wachter, GmbHR, 2005, 407, 414.
[416] Wachter, GmbHR, 2005, 407, 414.
[417] Heinz, 9.4(e) Rn 101.
[418] Just, Rn 247.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge