Rz. 164

Für die Bewertung der Leistung, die dem Ergänzungsanspruch unterliegt, kommt es bei verbrauchbaren Sachen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zuwendung an.[176] Unter verbrauchbaren Sachen (§ 92 BGB) versteht man grundsätzlich diejenigen Gegenstände, deren Existenz von einer Zeitdauer abhängt. Als verbrauchbare Sache wird aber auch das Geldgeschenk angesehen, wobei nach Ansicht des BGH[177] die Geldentwertung nach dem Verbraucherpreisindex auszugleichen ist. Auch der schenkweise Erlass von Schulden wird wie eine verbrauchbare Sache behandelt und mit dem damaligen Wert berücksichtigt. Bei verbrauchbaren Sachen ist es darüber hinaus unerheblich, ob die Zuwendung zwischenzeitlich verbraucht wurde oder verloren gegangen ist.

Für andere, nicht verbrauchbare Gegenstände, meist Immobilien, gilt das sog. Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB. Für die Ermittlung des Wertes nach dem Niederstwertprinzip ist der Wert des Gegenstands an zwei Stichtagen festzustellen, nämlich zum Zeitpunkt der Schenkung und zum Zeitpunkt des Erbfalls. Der niedrigere Wert ist dann für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs maßgebend. Hierbei ist so vorzugehen, dass zunächst der Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt der Schenkung ermittelt wird. Dieser ist dann anhand des Verbraucherpreisindex auf den Zeitpunkt des Erbfalls zu indizieren. Danach ist er mit dem Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt des Erbfalls zu vergleichen. Der niedrigere Wert ist dann maßgebend für den Pflichtteilsergänzungsanspruch.

 

Rz. 165

Der BGH lässt bei der Feststellung des Niederstwertes den Nießbrauch (die vorbehaltene Leistung) zunächst außer Betracht.[178] Ergibt die Ermittlung des Niederstwertes, dass der Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt der Schenkung maßgebend ist, wird in einem zweiten Schritt für die konkrete Berechnung des Pflichtteilsanspruchs der Wert der Zuwendung unter Berücksichtigung des Nießbrauchs ermittelt. Ist dagegen der Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend, so bleibt der Nießbrauch unberücksichtigt.[179] Gleiches hat der BGH für die Einräumung eines Wohnungsrechts entschieden.[180]

 

Rz. 166

Erlässt der Erblasser innerhalb der Zehnjahresfrist sein Nießbrauchsrecht, so ist dies als weiterer Schenkungstatbestand zu werten, zumindest dann, wenn keine Gegenleistung vereinbart oder der Nießbrauch nicht abgezinst wird. Beim Erlass des Nießbrauchs oder aber auch eines Rentenrechts ist der Wert zu diesem Zeitpunkt neu zu kapitalisieren.

[176] BGH NJW 1964, 1323.
[180] BGH MittBayNot 1996, 307.

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