Rz. 138

Eine weitere Möglichkeit der Testamentsvollstreckung bei Einzelunternehmen stellt die sog. Treuhandlösung dar.[125] Dabei führt der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft treuhänderisch und im eigenen Namen für die Erben fort[126] – er wird im Handelsregister eingetragen und tritt nach außen nicht als Testamentsvollstrecker, sondern als Inhaber auf. Es sind zwei Formen zu unterscheiden, nämlich die Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand einerseits und die Vollrechtstreuhand andererseits.

 

Rz. 139

Bei der Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand entspricht die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers im Wesentlichen der eines Pächters des Unternehmens. Das heißt, ihm wird zwar die Verfügungsmacht über die zum Unternehmen gehörenden Gegenstände übertragen, er wird jedoch nicht Eigentümer.

 

Rz. 140

Bei der Vollrechtstreuhand wird der Testamentsvollstrecker Eigentümer des Unternehmens.[127] Dazu ist die sachenrechtlich wirksame Übertragung sämtlicher zu dem Unternehmen gehörenden Gegenstände auf ihn erforderlich. Diese kann aber auch durch (als zulässig anzusehende) In-sich-Geschäfte erfolgen.[128] Der Testamentsvollstrecker hat auch bei dieser Variante das Unternehmen treuhänderisch für die Erben zu führen.

 

Rz. 141

Auch bei der Treuhandlösung sind die Erben in der Verfügung von Todes wegen zu verpflichten, sei es durch Auflage oder Bedingung, eine treuhänderische Übertragung auf den Testamentsvollstrecker vorzunehmen.[129]

Problematisch ist bei der Vollrechtstreuhand aber, dass der Testamentsvollstrecker als Inhaber des Unternehmens automatisch persönlich haftet und die Haftung im Außenverhältnis gegenüber Dritten nicht beschränkbar ist. Im Innenverhältnis hingegen hat der Testamentsvollstrecker gegenüber den Erben, für deren Rechnung, also zu deren Vorteil er das Geschäft führt, gemäß §§ 2218, 670 BGB Anspruch auf Befreiung von der unbeschränkten Haftung,[130] soweit die Eingehung der Verbindlichkeit für die ordnungsgemäße Verwaltung erforderlich war.

 

Rz. 142

Die Erben können dabei ihre Haftung gegenüber dem Testamentsvollstrecker auf den Nachlass beschränken (§ 27 HGB).[131] Das birgt für den Testamentsvollstrecker das Risiko, dass er für aus dem Nachlass nicht zu deckende Schadensersatzansprüche persönlich haftet. Es ist deshalb darauf zu achten, schon in der Verfügung von Todes wegen dafür zu sorgen, dass der Testamentsvollstrecker von seiner unbeschränkten Haftung im Innenverhältnis vollständig freigestellt wird, da ansonsten die Übernahme des Amtes von ihm nicht erwartet werden kann.[132]

 

Rz. 143

Zu der Frage der betreuungsgerichtlichen Genehmigung vgl. Pauli[133] und das Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz vom 25.8.1998.[134]

In der Praxis kann sich auch empfehlen, dass der Erblasser durch testamentarische Anordnung bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker ein Wahlrecht bekommt, entscheiden zu können, ob er das Einzelhandelsgeschäft in eine GmbH umwandeln möchte (Umwandlungslösung) oder eine Treuhandlösung eingehen will.[135]

 

Rz. 144

Muster 17.29: Testamentsklausel bezüglich eines Wahlrechts für den Testamentsvollstrecker

 

Muster 17.29: Testamentsklausel bezüglich eines Wahlrechts für den Testamentsvollstrecker

Als Testamentsvollstrecker bestimme ich Herrn _________________________

Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt, mein Einzelhandelsgeschäft eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Freiburg HRA _________________________ entweder als Treuhänder der Erben (Vermächtnisnehmer) im eigenen Namen nach seinem Ermessen fortzuführen oder das Unternehmen in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umzuwandeln. Die Erben haben dabei sämtliche notwendigen Handlungen unverzüglich vorzunehmen, die für die Treuhandgestaltung oder die Umwandlung in eine GmbH notwendig sind. Der Testamentsvollstrecker ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er erhält als Vergütung, wenn er die Treuhandlösung wählt, 20 % des Jahresgewinns vor Steuern. Für den Fall, dass die Umwandlung des Unternehmens vorgenommen wird, setzt sich die Testamentsvollstreckung an den neu geschaffenen Geschäftsanteilen fort. Der Testamentsvollstrecker ist zum Geschäftsführer zu bestellen. Er erhält die dafür branchenübliche Vergütung. Die Geschäftsanteile der Erben bestimmen sich nach ihrer jeweiligen Beteiligungsquote am Nachlass.[136]

[125] RGZ 132, 138, 142; BGHZ 12, 100, 102; BGHZ 35, 13, 15.
[126] RGZ 132, 142; BGHZ 12, 102.
[127] Staudinger/Reimann, § 2205 Rn 94.
[128] Winkler, Rn 300; Soergel/Damrau, § 2205 Rn 21.
[129] MüKo/Brandner, § 2205 Rn 23.
[130] BGHZ 24, 106; MüKo/Brandner, § 2205 Rn 16; Staudinger/Reimann, § 2205 Rn 95.
[131] Pauli, in: Bengel/Reimann, § 5 Rn 127; Soergel/Damrau, § 2205 Rn 20.
[132] Vgl. Formulierungsvorschlag von Pauli, in: Bengel/Reimann, § 5 Rn 140.
[133] Pauli, in: Bengel/Reimann, § 5 Rn 128.
[134] BGBl I 1998, 2487.
[135] Soergel/Damrau, § 2205 Rn 23.
[136] Pauli, in: Bengel/Reimann, § 5 Rn 141.

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