Rz. 75

Wichtig ist zu beachten, dass die Rechtsschutzdeckung für außergerichtliche Gutachten nur für bestimmte Angelegenheiten und darüber hinaus nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wird.[43]

 

Rz. 76

Die nachfolgenden Darstellungen orientieren sich an der Fassung der ARB (94) sowie der gleich lautenden ARB (2000).

 

Rz. 77

Auf einschränkende Abweichungen in den ARB (75) wird im Zusammenhang zur jeweiligen Voraussetzung der Rechtsschutzdeckung hingewiesen.

 

Rz. 78

Es ist davon auszugehen, dass die Rechtsschutzdeckung für ein außergerichtliches Gutachten unter drei Voraussetzungen gewährt wird. Diese drei Voraussetzungen sind:

Gegen den VN oder die mitversicherte Person muss ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig sein wegen des Vorwurfes, eine verkehrsrechtliche Vorschrift verletzt zu haben.
Eine weitere Voraussetzung für die Übernahme der Kosten eines Privatgutachtens ist, dass das Gutachten für die Verteidigung erforderlich ist.
Dritte Voraussetzung für die Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung ist, dass das Gutachten erstattet wird durch einen öffentlich bestellten technischen Sachverständigen oder eine rechtsfähige technische Sachverständigenorganisation.
 

Rz. 79

Ob die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen, unterliegt sicherlich nicht der Prüfungspflicht des technischen Sachverständigen. Dies ist ihm auch schon deshalb verwehrt, weil die Prüfung der Voraussetzungen mit der Klärung von Rechtsfragen verbunden ist und die Beratung in Rechtsangelegenheiten nach den Bestimmungen des RBerG nur dem Anwalt gestattet ist. Hier ist also Vorsicht geboten, etwa in dem Fall, in dem ein Betroffener unmittelbar den Auftrag zur Gutachtenerstattung erteilen will. Etwas anderes gilt selbstverständlich nur dann, wenn die Rechtsschutzversicherung unmittelbar den Auftrag erteilt oder der Betroffene bereits die Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung für ein privates Gutachten erhalten hat.

Nachfolgend werden die vorgenannten drei Voraussetzungen im Einzelnen dargestellt:

[43] Buschbell, Rechtsschutzdeckung für außergerichtliche Gutachten – eine kaum genutzte Chance, DAR 2003, 55.

1. Straf- und OWi-Verfahren

a) Im Rahmen der Verteidigung in einem Straf- und OWi-Verfahren

 

Rz. 80

Die Erstattung eines außergerichtlichen Gutachtens kommt nur in Betracht im Rahmen der Verteidigung in einem Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, in dem dem Betroffenen vorgeworfen wird, eine verkehrsrechtliche Vorschrift verletzt zu haben. Hierbei ist davon auszugehen, dass es sich um die Verletzung einer verkehrsrechtlichen Vorschrift des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechtes im weitesten Sinne handeln kann, beginnend etwa mit dem Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung, die z.B. Ursache für einen Verkehrsunfall sein soll. Auch kommen verkehrsrechtliche Vorsatztaten, etwa der Tatbestand der Verkehrsunfallflucht, in Betracht.

b) Keine Kostendeckung für Gutachten in anderen, speziell zivilrechtlichen Angelegenheiten

 

Rz. 81

Wichtig ist zu beachten, dass keine Kostendeckung für ein außergerichtliches Gutachten in Betracht kommt, soweit es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handelt. Hierbei ist insbesondere zu denken an die Klärung der Voraussetzungen des Schadenersatzes, also keine Kostendeckung z.B. für ein Unfallursachengutachten und selbstverständlich auch nicht für ein Gutachten zur Feststellung des Schadenumfanges.

2. Gutachten muss erforderlich sein

 

Rz. 82

Weitere Voraussetzung für die Übernahme der Kosten eines Privatgutachtens ist es, dass dieses für die Verteidigung in einem gegen den VN oder eine mitversicherte Person anhängigen Verfahren erforderlich sein muss.

 

Rz. 83

Die Frage, ob das Gutachten für die Verteidigung erforderlich ist, richtet sich an den Verteidiger und nicht an den Sachverständigen. Hier handelt es sich um eine zu entscheidende Rechtsfrage, deren Klärung nach den Bestimmungen des RBerG dem Sachverständigen verwehrt ist und für die nur der Anwalt zuständig ist.

 

Rz. 84

Der für die Beurteilung der "Notwendigkeit" zuständige Aspekt ist nicht, ob die Verteidigung gegen den Vorwurf eines verkehrsrechtlichen Verstoßes rechtlich hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Vielmehr geht es darum, ob der dem Versicherungsnehmer oder der mitversicherten Person vorgeworfene Sachverhalt richtig ist und ein Schuldvorwurf begründet sein kann.[44]

 

Rz. 85

Diese Frage, ob ein Gutachten "erforderlich ist", ist aber auch für die Tätigkeit des Sachverständigen relevant. "Erforderlich" kann ein Gutachten sein, wenn es auch nur möglicherweise den gegen den VN erhobenen Schuldvorwurf erschüttern kann.

 

Rz. 86

Wichtig für den Sachverständigen ist es, die Merkmale des als Schuldvorwurf im Raum stehenden Tatbestandes zu kennen. Zu denken ist hierbei bei dem Vorwurf der Körperverletzung, ob der die Körperverletzung verursachende Zusammenstoß der Fahrzeuge für den Beschuldigten unter den gegebenen Umständen, also etwa der Sicht- und Straßenverhältnisse und dem beiderseitigen Bremsverhalten, vermeidbar war oder nicht. Es ist also Aufgabe des Verteidigers, bei der Auftragserteilung und der Formulierung des Inhaltes des Auftrages klar zu definieren, welcher Sachverhalt im Sinne des Beschuldigten zu klären ist.

[44] Vgl. Harbaue...

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