Rz. 26

Schwierigkeiten bestehen bei der Frage, ob ein Anteil an Personengesellschaften in den Nachlass fällt und bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen ist. Inwieweit ein Anteil an einer Personengesellschaft in den Nachlass fällt, hängt letztlich von der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Nachfolgeregelung ab.

1. Bei der Fortsetzungsklausel

 

Rz. 27

Wird bei dem Tod eines Gesellschafters eine Personengesellschaft aufgrund einer Fortsetzungsklausel oder kraft Gesetzes unter den Überlebenden fortgesetzt, so stellt sich die Frage, ob der Gesellschaftsanteil bzw. der Abfindungsanspruch des Erblassers Nachlassbestandteil wird und wie der Wert des Anteils zu bemessen ist.

 

Rz. 28

Nach § 738 Abs. 1 S. 2 Fall 3 BGB steht dem ausscheidenden Gesellschafter ein Abfindungsanspruch für den Verlust seines Gesellschaftsanteils zu. Dieser Abfindungsanspruch fällt in den Nachlass[25] und ist deshalb bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs zu berücksichtigen.

 

Rz. 29

Für die Wertbemessung des Abfindungsanspruchs nach § 738 Abs. 2 BGB ist nach der Rechtsprechung des BGH[26] von dem Ertragswert auszugehen. Da die Fortsetzungsklausel gerade zu einer Fortführung der Gesellschaft führen soll, ist der sogenannte Fortführungswert und nicht etwa der Liquidationswert maßgebend.[27]

 

Rz. 30

Nach überwiegender Ansicht[28] ist § 738 Abs. 1 S. 2 BGB aber dispositiv. Die Gesellschafter haben somit die Möglichkeit, eine hiervon abweichende Regelung zu treffen. So kann beispielsweise vereinbart werden, für die Wertbemessung des Abfindungsanspruchs den sogenannten Buchwert zugrunde zu legen.[29]

 

Rz. 31

Die Zulässigkeit eines völligen Ausschlusses des Abfindungsanspruchs wird bei lebzeitigem Ausscheiden[30] eines Gesellschafters verneint, bei Ausscheiden von Todes[31] wegen hingegen überwiegend bejaht.[32] Ist im Gesellschaftsvertrag ein solcher Ausschluss vereinbart worden, so entstehen kein Abfindungsanspruch und auch kein hieran zu bemessender Pflichtteilsanspruch. Es kommt dann lediglich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Betracht.

[25] BGHZ 22, 186.
[26] BGH NJW 1982, 2441.
[27] BGH NJW 1985, 192; Damrau/Tanck/Riedel, § 2311 Rn 227.
[28] BGHZ 22, 186; RGZ 145, 289.
[29] BGH DB 1989, 1399; kritisch BGH NJW 1985, 192.
[30] RG Recht 1909 Nr. 1319.
[31] BGHZ 50, 316.
[32] BGHZ 50, 316; Damrau/Tanck/Riedel, § 2311 Rn 229.

2. Bei der Nachfolgeklausel

 

Rz. 32

Bei der Nachfolgeklausel erfolgt der Übergang des Gesellschaftsanteils im Wege des Erbrechts.[33] Für den Pflichtteil ergeben sich somit auf den ersten Blick keine Besonderheiten, da bei einem Übergang im Wege des Erbrechts der Gesellschaftsanteil zunächst in den Nachlass fällt und somit bei der Berechnung des ordentlichen Pflichtteils mitberücksichtigt wird.[34]

 

Rz. 33

Das Problem in der Praxis stellt sich aber bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Abfindungsklausel für den Fall des Ausscheidens enthält, die einen Anspruch unter dem realen Wert des Anteils vorsieht. Dabei besagt die sogenannte Buchwertklausel, dass bei der Bemessung des Abfindungsanspruchs der Buchwert des Gesellschaftsanteils zugrunde zu legen ist. Die Buchwertklausel hat den Vorteil, dass in einem solchen Fall beispielsweise die stillen Reserven unberücksichtigt bleiben.[35]

 

Rz. 34

Für den Erben, der in die Gesellschaft eintritt, stellt sich nun folgendes Problem. Nimmt er die Erbschaft an und tritt er demzufolge in die Gesellschafterstellung ein, dann stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage ein eventueller Pflichtteilsanspruch zu berechnen ist. Ist dies der Wert des Gesellschaftsanteils oder ist es der Wert des Abfindungsanspruchs? Ersteres würde dazu führen, dass der Pflichtteil aus einem höheren Wert zu bezahlen ist. Muss der Erbe dann aber seinen Gesellschaftsanteil verkaufen, damit er die Pflichtteilsansprüche bezahlen kann, erhält er einen niedrigeren Wert, was bei ungünstiger Konstellation auch dazu führen kann, dass die Pflichtteile höher sind als die Zuwendung aus dem Nachlass.

 

Rz. 35

In der Literatur werden hier verschiedene Kompromisslösungen diskutiert.[36]

Der BGH hat zu diesem Problemkreis noch nicht abschließend Stellung genommen. Im Rahmen der Berechnung des Zugewinns nach § 1376 BGB hat er jedoch festgestellt, dass die eingeschränkte Verwertbarkeit nach der Verkehrsanschauung zu einer Minderung des Beteiligungswertes führen kann.[37] Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn der Erbe in der Gesellschaft verbleibt, wobei festzuhalten ist, dass die Wertminderung eine reine Ermessensfrage ist und nach Ansicht des BGH[38] dem Richter überlassen bleibt. Bei Buchwertklauseln soll eine Anpassung nach Treu und Glauben erfolgen.[39] Vom BGH offen gelassen wurde die Frage, ob nicht in einem Fall, in dem der Erbe die Gesellschaft kündigt, nur auf den konkreten Wert abzustellen ist, den der Erbe von der Gesellschaft erhält.[40] In der Praxis stellt sich somit das Problem, wie der Pflichtteilsanspruch zu beziffern ist.

[33] BGHZ 22, 168; 68, 225; vgl. auch MüKo/Leipold, § 1922 Rn 91 f.
[34] Flume, NJW 1988, 161.
[35] Zur Gülti...

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