Rz. 210
Die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen führt beim pflichtteilsbelasteten Erben nicht zu Anschaffungskosten.[277] Der erbrechtliche Erwerb des Nachlasses durch den oder die Erben, die mit den Pflichtteilsansprüchen belastet sind, wird durch die Auszahlung der Pflichtteilsansprüche nicht zu einem (teil-)entgeltlichen Vertrag. Ein Veräußerungsgeschäft wird durch die bloße Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs daher nicht verwirklicht.[278] Diese Frage war früher zwar heftig umstritten; sie ist seit Anfang der 1990er Jahre jedoch im vorstehenden Sinne abschließend geklärt.
Beispiel
A wird von B allein beerbt. Im Nachlass befindet sich u.a. ein Grundstück, das der Erblasser erst kurze Zeit vor seinem Tode zu 100.000 EUR gekauft hatte. Der enterbte Sohn des A verlangt seinen rechnerisch zutreffend ermittelten Pflichtteilsanspruch i.H.v. 120.000 EUR. B befürchtet, dass die Auszahlung dieses Betrages seinen erbrechtlichen Erwerb zu einem entgeltlichen (Erbe gegen Pflichtteilszahlung) umgestalten und so zu einer Einkommensteuerbelastung führen könne. Zu Recht?
Rz. 211
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs grundsätzlich – und auch im Beispiel – keinerlei ertragsteuerliche Auswirkungen hat. B führt folglich die Anschaffungskosten des Erblassers unverändert fort.
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen