Rz. 17

Entscheidet das erstinstanzliche Gericht abweichend von den Anträgen des Klägers, ist der Kläger beschwert; man spricht von formeller Beschwer.[31] Der Beklagte ist demgegenüber durch jeden nachteiligen Entscheidungsinhalt beschwert; diese Beschwer nennt man materielle Beschwer.[32] Die Beschwer muss sich aus der Entscheidung selbst ergeben. Es genügt nicht, wenn eine nachteilige Wirkung erst aus dem Zusammenwirken mit sonstigen Umständen folgt.[33] Legt ein Streithelfer Berufung ein, kommt es nicht auf seine Beschwer an, sondern nur auf die Beschwer der von ihm unterstützten Partei.[34] Auch die scheinbar beschwerte Partei kann ein Rechtsmittel einlegen.[35]

 

Rz. 18

 

Hinweis

Ausgehend von der für die Beklagtenseite maßgeblichen materiellen Beschwer kann ein Beklagter Berufung gegen ein gemäß seinem Anerkenntnis ergehendes Anerkenntnisurteil einlegen. Er kann aber auch durch eine klageabweisende Entscheidung beschwert sein, etwa wenn ein Prozess- statt Sachurteil ergangen, die Klage als "derzeit unbegründet" abgewiesen worden ist oder die Klageabweisung auf einer Aufrechnung beruht.[36]

[31] BGH NJW 1991, 703, 704; BGH NJW-RR 1995, 839.
[34] BGH NJW 1975, 2108; BGH NJW 1986, 257.
[35] BGH NZM 2017, 853, wo allerdings eher eine Auslegung des tatsächlichen Berufungsführers (Wohnungseigentümer statt WEG) in Betracht kam.
[36] Zum Ganzen BGH NJW-RR 2015, 1203, 1204 m.w.N.

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