Rz. 50

Wird eine mündliche Verhandlung durchgeführt – sei es, weil das Gericht dem Antrag ohne mündliche Verhandlung nicht stattgeben will, sei es, weil nach Einlegung eines Widerspruchs nach § 924 Abs. 2 S. 2 ZPO eine mündliche Verhandlung anzuberaumen ist –, ist das gesamte Vorbringen der Parteien bis zum Ende der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen. Es gelten weder Schriftsatzfristen noch Verspätungsvorschriften.[88] Beide Parteien müssen sich deshalb auf neuen Sachvortrag und neue Beweismittel sowie neue Rechtsausführungen auch zu neuem Sachvortrag einstellen und in der Lage sein, sofort zu reagieren. Darüber hinaus gelten auch die Säumnisvorschriften der §§ 330 ff. ZPO, sodass bei Säumnis des Antragstellers auf Antrag des anwesenden Schuldners der Arrestantrag gem. § 330 ZPO durch Versäumnisurteil abzuweisen ist.[89]

 

Rz. 51

 

Hinweis

Erst in der mündlichen Verhandlung präsente Sachverhalte und Beweise oder neue Rechtsausführungen können den Gegner überraschen, sodass er neue Behauptungen nicht durch Beweismittel widerlegen oder auf neuen Rechtsvortrag angemessen reagieren kann. Wird – was üblich ist – dem Gericht ein Schriftsatz mit neuem Sachvortrag bereits vor der mündlichen Verhandlung übermittelt, dem Verfahrensgegner jedoch erst in der mündlichen Verhandlung überlassen, kann dies unter Umständen den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, wenn der neue Sachvortrag ohne weiteres auch früher möglich gewesen wäre.[90] Beruft sich der Antragsteller zur Glaubhaftmachung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts auf Protokolle komplexer technischer Untersuchungen, wird der Untersuchungsgegenstand erfahrungsgemäß meist weder dem Gericht noch der gegnerischen Verfahrenspartei überlassen. Vor diesem Hintergrund erscheint der Einwand des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung nicht von der Hand zu weisen zu sein, er habe keine Möglichkeit, den untersuchten Gegenstand in Augenschein zu nehmen und die an bzw. mit ihm durchgeführte Prüfung zu kontrollieren und könne sich deshalb nicht ausreichend gegen den Vorwurf verteidigen.[91] Darin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

 

Rz. 52

 

Tipp

Rechtsausführungen sollten dem Gericht mit ausreichendem Vorlauf vor der mündlichen Verhandlung überlassen werden, ohne dass sie auch der gegnerischen Verfahrenspartei vor der mündlichen Verhandlung zugänglich gemacht werden müssten. Neuer Tatsachenvortrag sollte aber – um das Risiko der Zurückweisung wegen Rechtsmissbrauchs zu vermeiden – dem Gericht und dem Gegner möglichst gleichzeitig überlassen werden, wenn nicht sachliche Gründe dafür glaubhaft gemacht werden können, dass der Schriftsatz dem Verfahrensgegner erst längere Zeit nach der Unterrichtung des Gerichts überlassen werden konnte.

[88] OLG Hamm NJW-RR 1993, 366; OLG Hamburg NJW-RR 1987, 36.
[89] Zöller/Vollkommer, § 922 Rn 1.
[90] Vgl. Klute, GRUR 2003, 34 ff.
[91] LG Köln, Beschl. v. 2.10.1998 – 21 O 151/98 n.v.

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