Rz. 1

Die gerichtliche Entscheidungsfindung im Hauptsacheverfahren nimmt längere Zeit in Anspruch. Zumindest bis zur meist nur vorläufig vollstreckbaren Entscheidung besteht ein Zustand der Rechtsgefährdung. Der vorläufige Rechtsschutz dient dazu, die Zeit bis zur endgültigen Hauptsacheentscheidung effektiv zu überbrücken. Dabei soll verhindert werden, dass der Gegner vollendete Tatsachen schafft und die endgültige Entscheidung danach nicht mehr vollzogen werden kann. Außerdem kann verhindert werden, dass beim Gläubiger infolge des Zeitablaufes wesentliche und gegebenenfalls irreparable Nachteile eintreten, obwohl eine Vollstreckung beim Schuldner noch möglich ist. Der vorläufige Rechtsschutz stellt sich somit als Ausprägung der Garantie des effektiven Rechtsschutzes dar.[1] Das Arrestverfahren und das Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung sind deshalb dadurch gekennzeichnet, dass die Rechtsangelegenheit möglichst schnell und einfach im sogenannten summarischen Verfahren entschieden werden soll. Dies bedingt verfahrensrechtliche Besonderheiten.[2]

 

Rz. 2

Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes wird zwischen dem vorgeschalteten (primären) Rechtsschutz und dem nachgeschalteten (sekundären) Rechtsschutz differenziert. Zweck des vorgeschalteten vorläufigen Rechtsschutzes ist die Sicherung oder Durchsetzung eines Rechts, bevor ein Hauptsachetitel erlangt werden kann.[3] Aufgabe des nachgeschalteten vorläufigen Rechtsschutzes ist es dagegen, eine noch nicht formell rechtskräftige Hauptsacheentscheidung durchzusetzen oder die Durchsetzung einer solchen Entscheidung vorläufig zu verhindern.[4]

 

Rz. 3

Vorschriften zum Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes finden sich in verschiedenen Gesetzen, und zwar nicht nur in Verfahrensordnungen, sondern zum Teil auch versteckt in materiell-rechtlichen Regelungszusammenhängen. Die praktisch wichtigsten Regelungen der allgemeinen Institute des vorläufigen Rechtsschutzes enthält die Zivilprozessordnung. Danach kommen als Maßnahmen zur Sicherung der Ansprüche primär der Arrest (§§ 916 ff. ZPO) sowie das einstweilige Verfügungsverfahren (§§ 935 ff. ZPO) in Betracht. Der Arrest dient der Sicherung einer künftigen Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann (§ 916 ZPO).[5] Die einstweilige Verfügung, die als Sonderform des Arrestes ausgestaltet ist, bezweckt sowohl die Sicherung von Individualansprüchen (§ 935 ZPO) als auch die Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (§ 940 ZPO). Zwischen Arrest und einstweiliger Verfügung besteht also grundsätzlich ein Exklusivitätsverhältnis.[6]

 

Rz. 4

Bei beiden Rechtsschutzmitteln handelt es sich um so genannte verfahrensselbstständige Eilverfahren, die unabhängig von einem Hauptsacheverfahren durchgeführt werden können.[7] Auch ihre Kosten sind nicht Teil der im Hauptsacheverfahren entstehenden Kosten. Für die Kosten des Arrest- und des Verfügungsverfahrens gelten insofern dieselben Vorschriften wie für den Hauptsacheprozess (§§ 91 ff. ZPO).

 

Rz. 5

Die folgende Darstellung orientiert sich an den Regeln und dem Verfahren des Arrestes und der einstweiligen Verfügung nach §§ 916 ff., 935 ff. ZPO. Auf Besonderheiten, die sich aus verschiedenen Bereichen des materiellen Rechts ergeben, wird in der Darstellung des Verfahrensgangs (siehe Rdn 216 ff.) und in den Mustern (siehe Rdn 288 ff.) hingewiesen.

[2] B/L/A/H, Grundz § 916 Rn 12.
[3] MüKo-ZPO/Drescher, vor § 916 Rn 1–2.
[4] Bernreuther, FamRZ 1999, 69.
[5] Mock, VE 2001, 62 ff.
[6] Zum Wahlrecht im Ausnahmefall vgl. Zöller/Vollkommer, § 916 Rn 2.
[7] Musielak/Voit/Huber, § 916 Rn 4; OLG Köln NJW-WettbR 1999, 92.

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