Rz. 147

Ebenso wie die Abmahnung ist die Unterlassungserklärung in der wettbewerbsrechtlichen Prozesspraxis entwickelt worden. Sinnvoll ist sie aber auch in anderen Fällen, etwa bei Verstößen gegen gesellschaftsrechtlich begründete Wettbewerbsverbote.[258]

 

Rz. 148

Die durch einen erstmaligen Verstoß gegen Unterlassungspflichten begründete Wiederholungsgefahr lässt sich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigen.[259] Dazu ist zum einen erforderlich, dass die Unterlassungserklärung den eindeutigen Willen des Schuldners zeigt, die Verletzungshandlung zu unterlassen und zum anderen, dass sie dem Schuldner für den Fall einer Zuwiderhandlung einen Nachteil in Aussicht stellt, der so schwerwiegend ist, dass er den Schuldner regelmäßig von Wiederholungen abhält.[260] Sie schützt den Verletzer davor, trotz weiterer Befolgung des Wettbewerbsverbotes mit einem Verfahren überzogen zu werden und die Kosten tragen zu müssen.[261]

 

Rz. 149

Es stellt sich allerdings die Frage, ob aus Sicht des Abgemahnten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sinnvoll ist oder ob er nicht stattdessen den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Kauf nehmen soll. Dabei sind die unterschiedlichen Auswirkungen der Unterlassungserklärung einerseits und eines gerichtlichen Vollstreckungstitels andererseits zu berücksichtigen. Ein Unterwerfungsvertrag wird wie jeder andere Vertrag nach §§ 133, 157 BGB ausgelegt.[262] Demgegenüber ist ein gerichtlicher Vollstreckungstitel – abgesehen davon, dass er erfahrungsgemäß eng tenoriert wird – nicht in diesem Maße auslegungsfähig. Wegen des strafähnlichen Charakters der Vollstreckung umfasst ein Vollstreckungstitel über seinen ausdrücklich tenorierten Umfang hinaus allenfalls unbedeutende Abweichungen (§ 890 ZPO).[263] Die Beweislast für mangelndes Verschulden bei Verstoß gegen vertragliche Unterlassungsgebote liegt gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB beim Schuldner. Anders verhält es sich bei Verstößen gegen gerichtliche Vollstreckungstitel. Für die Unterlassungserklärung gilt darüber hinaus § 278 BGB. Für Schuldner gerichtlicher Vollstreckungstitel gilt dies nicht. Sie haften nur bei eigenem Verschulden einschließlich Organisationsverschulden. Schließlich begründet die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung ein neues Schuldverhältnis mit dem Gläubiger. Daraus erwachsen weitere Pflichten wie etwa die Pflicht zur Auskunft über alle weiteren Verstöße gegen die Vertragsstrafenregelung seit Vertragsschluss.[264] Entsprechendes gilt für den gerichtlichen Vollstreckungstitel nicht.

 

Rz. 150

 

Tipp

Der Abmahnende muss darauf achten, dass die Unterlassungserklärung ohne Modifikationen unterzeichnet wird. Wird sie lediglich mit Modifikationen unterzeichnet, ist der Unterlassungsvertrag noch nicht zustande gekommen. Die Unterlassungserklärung ist in diesem Fall nur ein Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages, den der Abmahnende durch eine Einverständniserklärung annehmen muss (§ 150 Abs. 2 BGB). Gibt der Abmahnende eine solche Einverständniserklärung nicht ab, läuft er Gefahr, dass die Annahmefristen nach § 147 Abs. 2 BGB verstreichen und darüber hinaus die Dringlichkeit für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entfällt. Der Abmahnende könnte dann im vorläufigen Rechtsschutz keine Hilfe mehr gegen den fraglichen Rechtsverstoß erlangen. Er wäre auf ein langwieriges Hauptsacheverfahren angewiesen.[265]

 

Rz. 151

 

Tipp

In vielen Fällen empfiehlt sich für den Abgemahnten nicht, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Etwas teurer, wenngleich aber materiell-rechtlich auf Dauer oft günstiger ist es, eine einstweilige Verfügung zu "kassieren" und im Rahmen einer Abschlusserklärung als endgültig anzuerkennen.

[258] David/Dombek/u.a./David, B Teil 8, § 2 Rn 36 ff.
[259] BGH GRUR 1983, 127, 128; BGH GRUR 1993, 677, 679.
[260] Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 12 Rn 1.179 ff.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Brüning, § 12 Rn 136 ff.
[261] BGH GRUR 1987, 748, 750.
[263] David, PA 2003, 56 f.
[264] David, PA 2003, 56 f.
[265] David/Breuer/Breuer, Teil 2 § 2 Rn 294 ff.

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