Rz. 1876

Der Arbeitgeber haftet für die von ihm einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer (§ 42d Abs. 1 EStG) als Gesamtschuldner neben dem Arbeitnehmer (§ 42d Abs. 3 EStG). Diese Lohnsteuerhaftung besteht also in gleicher Weise für den Verleiher als Arbeitgeber des von ihm angestellten und verliehenen Leiharbeitnehmers. Insoweit gibt es keine Besonderheiten.

 

Rz. 1877

Bei gewerbsmäßig betriebener Arbeitnehmerüberlassung (soweit sie nicht ohnehin gem. § 1 Abs. 3 AÜG erlaubnisfrei ist) tritt in folgenden Fällen eine Haftung des Entleihers als weiteren Gesamtschuldner gem. § 42d Abs. 6 EStG hinzu:

Es fehlt die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis; einen Sonderfall nach § 15 Abs. 5 S. 2 Nr. 4 StromStV hatte kürzlich das FG München (21.9.2011 – 14 K 145/10, Tz. 22 ff.) zu beurteilen, oder
der Entleiher kommt nicht den ihn treffenden Mitwirkungspflichten gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2d EStG (Gewährleistung der ordnungsgemäßen Besteuerung der im Ausland ansässigen Leiharbeitnehmern) nach.
 

Rz. 1878

Die Haftung des Entleihers entfällt, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte (§ 42d Abs. 6 S. 3 EStG). Das ist insb. bei Einsätzen im Rahmen von mutmaßlichen Scheinwerkverträgen denkbar.

 

Rz. 1879

Für die bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung in Betracht kommende Entleiherhaftung gelten überdies folgende Besonderheiten:

Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit der tatsächlichen Überlassung (§ 42d Abs. 6 S. 4 EStG).
Sie ist wie die normale Bürgenhaftung subsidiär, setzt also voraus, dass zuvor erfolglos eine Vollstreckung in das inländische Vermögen des Verleihers versucht worden ist (§ 42d Abs. 6 S. 6 EStG).
Die Haftungsschuld wird mit 15 % der mit dem Verleiher vereinbarten Vergütung (ohne USt) pauschaliert, wenn die Lohnsteuer durch die besonderen Umstände der Arbeitnehmerüberlassung nur schwer ermittelbar ist (§ 42d Abs. 6 S. 7 EStG).
Zuständig ist das Betriebsstättenfinanzamt des Verleihers (§ 42d Abs. 6 S. 9 EStG).
Führt die illegal betriebene Arbeitnehmerüberlassung dazu, dass der Entleiher sogar als Arbeitgeber des von ihm beschäftigten Leiharbeitnehmers anzusehen ist, trifft ihn die allgemeine Lohnsteuerhaftung als Arbeitgeber. In diesem Fall bleibt umgekehrt der illegale Verleiher zusätzlicher Haftungsschuldner wie der Entleiher nach § 42d Abs. 6 EStG (vgl. § 42d Abs. 7 EStG).
Zur Sicherung des Steueranspruches kann das Finanzamt den Entleiher verpflichten, einen bestimmten Teil der Vergütung ggü. dem Verleiher einzubehalten und direkt an das Finanzamt abzuführen (§ 42d Abs. 8 EStG). Das gilt generell, also selbst dann, wenn an sich keine Entleiherhaftung nach § 42d Abs. 6 EStG in Betracht kommt. Hier zeigt sich (ähnlich wie im Sozialversicherungsrecht) die Sorge des Gesetzgebers vor mutmaßlich verstärkten Missständen im Verleihgewerbe. Eine solche Anordnung ist nur nach pflichtgemäßem Ermessen zulässig. Sie kann auch vom Entleiher selbst erwirkt werden, um (bei Zweifeln über die Seriosität des Verleihers) einer Zusatzhaftung nach Abs. 6 zu entgehen.

Muster 16.44: Leiharbeitsvertrag

 

Muster 16.44: Leiharbeitsvertrag

Die Firma _________________________

– im Folgenden: Arbeitgeber –

(Adresse)

und

Frau/Herr _________________________

– im Folgenden: Arbeitnehmer/in –

geboren am _________________________

Staatsangehörigkeit _________________________

(Adresse)[1]

schließen folgenden Arbeitsvertrag:

§ 1

Verleiherlaubnis[2]

Der Arbeitgeber ist seit dem _________________________ im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).

§ 2

Vertragsgegenstand/Arbeitsleistung im Ausland

Der/Die Arbeitnehmer/in wird als _________________________ eingestellt. Er/Sie verpflichtet sich, bei Kunden des Arbeitgebers (Entleihern) an verschiedenen Orten, auch zur auswärtigen Leistung tätig zu werden.[3]

Art, besondere Merkmale der zu leistenden Tätigkeit und die dafür erforderlichen Qualifikationen sind:[4] _________________________.

Zum Inkasso oder zur Beförderung von Geld ist der/die Arbeitnehmer/in ohne besondere schriftliche Ermächtigung nicht befugt.

Der/die Arbeitnehmer/in hat seine/ihre Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen und stets die Interessen des Arbeitgebers zu wahren. Er/Sie wird über geschäftliche Angelegenheiten, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers und seiner Kunden gegenüber Dritten Stillschweigen bewahren.

Ist die Arbeit länger als einen Monat im Ausland zu erbringen,[5] erhält der/die Arbeitnehmer/in vor der Abreise vom Arbeitgeber eine Bestätigung über

a) die voraussichtliche Dauer der Auslandstätigkeit,
b) die Währung, in der die Vergütung gezahlt wird,
c) etwaige zusätzliche Geld- und Sachleistungen,
d) die vereinbarten Bedingungen für die Rückkehr aus dem Ausland.

§ 3

Beginn, Probezeit, Dauer und Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis beginnt am _________________________.

Es besteht eine Probezeit mit einer festen Höchstfrist bis zum[6] _________________________. Spätestens zu ...

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