Rz. 840

Soweit ein freier Mitarbeiter im Rechtsweg den Status eines Arbeitnehmers geltend macht, ist Statusklage zu erheben. Darin muss sich der Mitarbeiter abschließend erklären, für welche Zeit er von einem Arbeitsverhältnis ausgeht. Dabei kommt es weder darauf an, ob er die Arbeitnehmereigenschaft für einen bestimmten Zeitraum zum Streitgegenstand erhebt, noch ob er überhaupt eine selbstständige Statusklage betreibt. Maßgebend ist, welche Vorteile er nachträglich aus seiner Arbeitnehmerstellung ziehen will (vgl. BAG v. 8.11.2006 – 5 AZR 706/05, NZA 2007, 321 = DB 2007, 577).

 

Rz. 841

Ein gegenwartsbezogener Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG zulässig (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 25.3.2021 – 17 Sa 45/20, juris Rn 84 unter Bezug auf BAG v. 25.8.2020 – 9 AZR 373/19, juris Rn 14). Für einen Antrag, festzustellen, dass der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten steht (sog. gegenwartsbezogene Feststellungsklage, vgl. BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16), ist das Feststellungsinteresse nicht schon deshalb zu verneinen, weil sich der Antrag auf diese Statusfrage beschränkt und strittige Einzelfragen aus dem Arbeitsverhältnis ungeklärt bleiben. Aus dem Grundsatz der Prozessökonomie folgt nicht, dass nur solche Feststellungsanträge den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO genügen, die (möglichst) alle unter den Parteien strittigen Fragen klären. Aus demselben Grundsatz folgt auch die Zulässigkeit von Feststellungsanträgen, die die zentrale Streitfrage der Parteien klären (st. Rspr., vgl. BAG v. 20.7.1994 – 5 AZR 169/93, NZA 1995, 190 = DB 1995, 834; vgl. auch Ziemann, MDR 1999, 513, 519). Bei einer solchen gegenwartsbezogenen Formulierung des Feststellungsantrages können sich allerdings Auslegungsfragen stellen. Denn von der Abfassung der Klageschrift bzw. der Rechtshängigkeit der Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung vergeht in aller Regel viel Zeit. Das BAG hat in seiner Entscheidung v. 12.9.1996 einen solchen Antrag einmal so verstanden, dass er sich (nur) auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LAG beziehe (vgl. BAG v. 12.9.1996, DB 1997, 1037 = NZA 1997, 600; vgl. aber auch BAG v. 12.9.1996 – 5 AZR 1066/94, DB 1997, 47 = NZA 1997, 194).

 

Rz. 842

Ist die Fallgestaltung indes so, dass der Kläger neben einem allgemeinen Feststellungsantrag (mit einem gegenwartsbezogenen Feststellungsbegehren nach § 256 Abs. 1 ZPO) zusätzlich einen Kündigungsschutzantrag (gem. § 4 S. 1 KSchG) stellt, fehlt dem Kläger für das gegenwartsbezogene Feststellungsbegehren, wonach zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse. Dies wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn der Kläger Beendigungstatbestände darlegen würde, die nicht bereits von seiner nach § 4 Abs. 1 KSchG erhobenen Klage erfasst sind. Der klagende Arbeitnehmer müsste vielmehr weitere streitige Beendigungstatbestände oder wenigstens deren Möglichkeit in den Prozess einführen und damit dartun, dass er an dem neben der Klage nach § 4 S. 1 KSchG gestellten weiteren Festungshaft ein rechtliches Interesse hat. Denn in einem Kündigungsschutzverfahren hat das Gericht ohnehin inzident zu prüfen, ob das Rechtsverhältnis der Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist (vgl. BAG v. 1.12.2020 – 9 AZR 102/20, juris Rn 15 ff., 19, 20 ff.; BAG v. 26 9.2013 – 2 AZR 682/12, juris Rn 32).

 

Rz. 843

Wird ein Arbeitnehmerstatus mittels eines Antrags nach § 256 Abs. 1 ZPO und gleichzeitig der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Weg einer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG geltend gemacht, ist bzw. wird der Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO regelmäßig unzulässig, wenn der Kläger keine besonderen Umstände geltend macht, die eine vergangenheitsbezogene Feststellung eines Arbeitsverhältnisses vor dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen könnten. Zum Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage gehört ohnehin das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 25.3.2021 – 17 Sa 45/20, juris Ls. 1).

 

Rz. 844

 

Hinweis zum Klageantrag

1. Von besonderer Bedeutung ist es, im Klageantrag genau zu erklären, für welche Zeit der/die Mitarbeiter/in von einem Arbeitsverhältnis ausgeht.
2. Zunächst ist daher zu entscheiden, ob es sich bei dem Antrag um eine gegenwartsbezogene oder vergangenheitsbezogene Feststellung der Beschäftigung handelt.
3. Der Antrag, "festzustellen, dass der/die Kläger/in in einem Arbeitsverhältnis zu Fa. XYZ steht", enthält keinen Bezug auf die Vergangenheit. Es ist eine gegenwartsbezogene Feststellungsklage.
4. Es sollte stets ein konkretes Datum, ab wann das Arbeitsverhältnis zu Fa. XYZ bestehen soll, im Antrag enthalten sein (vgl. BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 851/16).
 

Rz. 845

Das BAG sah auch in dem Fall den verlangten Gegenwartsbezug und das erforderliche Feststellungsinteresse bei einem Feststellungsan...

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