Rz. 588

Auch nach dem Ausscheiden des Vorstandsmitgliedes bleibt der Aufsichtsrat als Gremium gem. § 112 AktG das für die Vertretung der AG ggü. dem ehemaligen Vorstandsmitglied zuständige Organ (vgl. BGH v. 30.4.2019 – II ZR 317/17, juris Sparkasse; BGH v. 14.5.2013 – II ZB 1/11; BGH v. 16.2.2009, DB 2009, 779 = AG 2009, 327; BGH v. 16.10.2006, DB 2006, 2805 = AG 2007, 86; van Kann/Keiluweit, AG 2010, 805). Nach der Rechtsprechung des BAG gilt § 112 AktG aufgrund seines Normzwecks nicht nur für im Amt befindliche Vorstandsmitglieder, sondern auch für bereits ausgeschiedene Vorstandsmitglieder (vgl. BAG v. 20.9.2016 – 3 AZR 77/15). Erteilt der Aufsichtsratsvorsitzende im Rechtsstreit mit dem Vorstand eine Prozessvollmacht, ohne zuvor die Einwilligung des Aufsichtsrats eingeholt zu haben, kann der Aufsichtsrat diese Handhabung und die bisherige Prozessführung durch Mehrheitsbeschluss genehmigen (vgl. BGH v. 14.5.2013 – II ZB 1/11).

 

Rz. 589

Wendet sich ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied einer AG gegen die Kündigung seines für die Dauer der Vorstandstätigkeit angeblich ruhenden Arbeitsverhältnisses, ist seine Kündigungsschutzklage gem. § 112 AktG gegen die AG, vertreten durch den Aufsichtsrat, zu richten, wenn die Kündigungsgründe in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Mitglied des Vertretungsorganes stehen (vgl. BGH v. 4.7.2001, NZA 2002, 401 = DB 2002, 956). Begründet wird dies mit der abstrakten Besorgnis der Befangenheit, wenn nicht der Aufsichtsrat, sondern der dann amtierende Vorstand zuständig wäre (typisierende Betrachtungsweise, vgl. BGH v. 22.4.1991 – II ZR 151/90, DB 1991, 1216 = AG 1991, 269). Selbst wenn der Rechtsstreit um die Erfüllung einer Versorgungszusage geht, den die Witwe eines Vorstandsmitglieds gegen die AG führt, wird diese nicht durch den Vorstand, sondern ausschließlich durch ihren Aufsichtsrat vertreten (vgl. BGH v. 16.10.2006 –II ZR 7/05, DB 2006, 2805 = AG 2007, 86; a.A. OLG München v. 29.1.1996, AG 1996, 328 = WM 1996, 1859; OLG München v. 25.10.1995, AG 1996, 184 = WM 1996, 346). § 112 AktG gilt auch dann, wenn die Gesellschaft gegen ein inzwischen ausgeschiedenes Vorstandsmitglied einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Amtsführung geltend macht (vgl. BGH v. 13.2.1989, DB 1989, 971 = NJW 1989, 2055).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge