Rz. 1491

Angestellte Vertriebskräfte erhalten regelmäßig zusätzlich zum Festgehalt einen leistungsbezogenen Anteil in Form von Provisionen: Dies sind Erfolgsvergütungen. Ist eine solche erfolgsbezogene Vergütung vereinbart, liegt eine Provisionsvereinbarung vor, gleichgültig wie die Parteien sie bezeichnet haben (vgl. BAG v. 14.11.1966 – 3 AZR 158/66, EversOK Ls. 28). Die Provisionen bestehen aus einer prozentualen Beteiligung des provisionsberechtigten Handlungsgehilfen am Wert der durch sein Zutun zustande gekommenen Geschäfte. Sie sollen der angestellten Vertriebskraft als Leistungsanreiz dienen. Ein Widerrufsvorbehalt der Provisionsvereinbarung ist nur dann zulässig, wenn der Provisionsanspruch neben ein Festgehalt tritt und weniger als 25 % bis 30 % der Gesamtvergütung ausmacht (BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, juris Tz. 23; BAG v. 7.8.2002, EversOK Ls. 13 = AP Nr. 81 zu § 315 BGB; vgl. hierzu auch MüKo/Thüsing, § 65 HGB Rn 14, bei Spitzenverdienern danach bis zu 40 %). Denn durch den Wegfall der unter Widerrufsvorbehalt gewährten Leistung wird das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nur dann nicht grundlegend gestört, wenn weniger als 25 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (BAG v. 19.12.2006, EversOK Ls. 15 = DB 2007, 1253). Bei einem Verkäufer ist die Provisionsregelung regelmäßig dem Kernbereich des Arbeitsvertrages zuzurechnen. Tritt neben die Provision eine Fixvergütung, ist eine Befristung der variablen Vergütung zulässig, sofern hierfür wirtschaftliche Gründe bestehen. Diese liegen insbesondere dann vor, wenn Änderungen der Provisionen als Instrument der Vertragsanpassung wegen sich verändernder Entwicklungen der Absatzbedingungen erforderlich sind (LAG Hessen v. 3.7.2008 – 14 Sa 1863/07, EversOK Ls.). Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Anteil der Provision am Jahreseinkommen des Mitarbeiters 25 % bis 30 % nicht übersteigt (LAG Hessen v. 3.7.2008 – 14 Sa 1863/07, EversOK Ls.).

Ein Widerrufsvorbehalt ist u.a. nur zulässig, wenn neben der Provision noch ein Fixgehalt gewährt wird, der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehend widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25 % liegt und der Tariflohn nicht unterschritten wird (LAG München v. 22.8.2007 – 11 Sa 1168/06, EversOK Ls. 12; MüKo/Thüsing, § 65 HGB Rn 14; vgl. auch BAG v. 11.10.2006, NZA 2007, 87) und der Arbeitnehmer durch den Widerruf nicht die Provision aus bereits von ihm vermittelten Geschäften verliert. Die Ausübung eines wirksam vereinbarten Widerrufsrechtes muss darüber hinaus im Rahmen billigen Ermessens erfolgen (BAG v. 13.5.1987, EversOK Ls. 1, 2 = BB 1988, 138). Teilweise wird ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers anerkannt, sich durch einen Änderungsvorbehalt die Möglichkeit einzuräumen, den Provisionssatz für die Zukunft flexibel zu gestalten, um auf veränderte Marktverhältnisse, Produkte, Preise und Margen reagieren zu können (MüKo/Thüsing, § 65 Rn 15). Dabei ist indessen Zurückhaltung angebracht, weil der Grundsatz "pacta sunt servanda" zu den Grundelementen des Vertragsrechts gehört und er daher auch im Arbeitsrecht Beachtung finden muss (BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, juris Tz. 19). Aus § 308 Nr. 4 BGB ist dabei zumindest zu fordern, dass das Ausübungsrecht auf sachliche Änderungsgründe begrenzt wird und diese ausdrücklich in der Vorbehaltsklausel benannt sind (BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, juris Tz. 22). Im Übrigen kann der Bindungsgrundsatz formularmäßig nur dann verdrängt werden, wenn die Vertragsklausel schwerwiegende Änderungsgründe nennt und in ihren Voraussetzungen und Folgen erkennbar die Interessen der Vertriebskraft angemessen berücksichtigt (OLG Frankfurt/Main v. 2.12.1997 – 14 (27) U 157/96, EversOK Ls. 3 m.w.N.).

 

Rz. 1492

Gem. § 65 HGB sind für die Provisionsansprüche des Handlungsgehilfen die für die Handelsvertreter geltenden Vorschriften des § 87 Abs. 1, Abs. 3 und die §§ 87a bis 87c HGB anzuwenden, die die Voraussetzungen des Anspruches, die Höhe und die Abrechnung, sowie seine Fälligkeit regeln. Dabei sind die gem. § 65 HGB auf den Handlungsgehilfen anwendbaren zwingenden Vorschriften der §§ 87 Abs. 1, 87a Abs. 2 Hs. 1, Abs. 3, 4 und § 87c HGB für den Arbeitnehmer ebenso wenig zu seinen Lasten abdingbar wie für den Handelsvertreter (BAG v. 17.5.1962, EversOK Ls. 1 = BB 1962, 878; LAG Hessen v. 15.3.1972 – 6 Sa 458/71, EversOK Ls. 1; BAG v. 4.7.1972, AP Nr. 6 zu § 65 HGB; BAG v. 13.12.1965, AP Nr. 3 zu § 65 HGB; LAG Hamm v. 2.10.1991, EversOK Ls. = BB 1992, 142 = LAGE Nr. 1 zu § 65 HGB; MüKo/Thüsing, § 65 HGB Rn 30; Schaub, ArbRHB, § 75 Rn 9, 11; Trinkhaus, DB 1967, 859, 860).

 

Rz. 1493

Bei der Anwendung der auf den Handelsvertreter zugeschnittenen Normen ist die besondere rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Handlungsgehilfen zu berücksichtigen. Die Vorschriften über die Bezirksvertretung gem. § 87 Abs. 2 HGB und die Inkassoprovision gem. § 87 Abs. 4 HGB sind von der Verweisungsregelung des § 65 HGB nicht umfasst. Beim Handlungsgehilfen führt die Zuweisung ...

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