Rz. 403

Befreiungsvermächtnisse, Vermächtnisse mit Anspruch auf Entlastung oder ein Vermächtnis auf Verkürzung der Verjährungsfrist aufgrund des Umgehungsverbots des § 2220 BGB hinsichtlich der Haftung sind unwirksam. Als probates Mittel zur Klärung der eigenen Haftung als Testamentsvollstrecker im Vorfeld eignet sich die Einwilligungsklage nach § 2206 Abs. 2 BGB.

 

Rz. 404

Für den Testamentsvollstrecker, der sich mit einer dreißigjährigen Verjährungsfrist konfrontiert sieht, hat dies zur Folge, auf jeden Fall mit den Erben im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrags dafür Sorge zu tragen, dass eine Regelung zur Verjährung der Haftungsansprüche getroffen wird. In der Praxis einfacher durchsetzbar wird aber die sog. "Entlastung" sein.

 

Rz. 405

In der Lit. wird häufig die Entlastung als die Möglichkeit für den Testamentsvollstrecker erachtet, sich zu "enthaften". Die einzelnen Voraussetzungen hierfür werden jedoch nicht dargestellt. Ebenso wird häufig nur die Frage aufgeworfen, ob ein Anspruch auf Entlastung besteht.[501]

 

Rz. 406

Die Entlastung des Testamentsvollstreckers ist die Billigung einer in der Vergangenheit liegenden Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker. Sie ist lediglich eine einseitige Erklärung ohne rechtsgeschäftlichen Charakter und kein Vertrag oder geschäftsähnliche Erklärung, sondern eine bloße Tathandlung. Die Entlastung hat den Zweck der Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Sie hat Klarstellungs- sowie Abschluss- oder Abgrenzungsfunktion.

 

Rz. 407

Der Testamentsvollstrecker kann nicht nur vom Erben entlastet werden. Trotz des fehlenden Verweises in § 2218 BGB müssen auch weitere Personen eine Möglichkeit zur Entlastung haben, sofern sie von der Testamentsvollstreckung konkret betroffen sind. Ein Schweigen auf einen Auseinandersetzungsplan innerhalb einer angemessenen Frist kann entgegen der Literaturansicht nicht als Zustimmung aufzufassen sein. Ein bloßes Schweigen zum Plan würde nur dann als Zustimmung ausreichen, wenn der Erbe verpflichtet gewesen wäre, gegenüber dem Testamentsvollstrecker seinen ablehnenden Willen zu äußern. Eine derartige Pflicht des Erben besteht nicht. Mit der Zustimmung zum Auseinandersetzungsplan kann somit keine Entlastung verbunden sein.

 

Rz. 408

Rechtsfolge einer Entlastung ist nicht ein Verzichtsvertrag o.Ä. Vielmehr ist die Präklusionswirkung aus dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens herzuleiten. Für ein venire contra factum proprium bedarf es zunächst eines vertrauensbildenden Vorverhaltens der Erben bei der Entlastung des Testamentsvollstreckers. Dies geschieht regelmäßig durch eine ausdrückliche Entlastung durch die Erben, da hierdurch Vertrauen in die Abschlussfunktion der Entlastung beim Testamentsvollstrecker aufgebaut wird. Eine konkludente Entlastung ist entgegen der h.M. nicht möglich, da Grundlage einer Entlastung immer ein Beschluss sein muss. Eine Entlastung bedarf aktiven Handelns. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Testamentsvollstreckers bestimmt die Reichweite der Präklusion. Hat der Erbe trotz Kenntnis konkreter Ansprüche oder bei Erkennbarkeit von Pflichtverletzungen den Testamentsvollstrecker dennoch entlastet, kann er keine Ersatzansprüche mehr gegen ihn geltend machen. Ein Vertrauen auf die Abschlussfunktion der Entlastung kann sich hingegen nicht bei einer Entlastung unter Vorbehalt entwickeln. Als Korrektiv der Auswirkungen des venire contra factum proprium dient die Billigkeitskontrolle. Danach ist zu prüfen, ob dem Vertrauensschutz des Testamentsvollstreckers höherrangige Normen und Interessen entgegenstehen. Dies ist insb. der Fall, wenn die Entlastungsfolge keine reine Binnenwirkung sondern Außenwirkung hat und bspw. Gläubiger der Erben durch die Entlastung benachteiligt würden.

 

Rz. 409

Die Erben sind nach der Entlastung mit der Präklusionswirkung der Geltendmachung sämtlicher Ersatzansprüche ausgeschlossen. Hierunter fallen nicht nur Schadensersatzansprüche aus § 2219 BGB oder § 823 BGB, vielmehr ist der Testamentsvollstrecker auch nicht mehr nach §§ 2218, 667 BGB verpflichtet, das aus der Geschäftsführung, aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung Erlangte herauszugeben. Ebenso verliert der Erbe die Möglichkeit, im Fall der gesamtschuldnerischen Haftung zusammen mit dem Testamentsvollstrecker von diesem im Innenverhältnis freigestellt zu werden.

 

Rz. 410

Dem Testamentsvollstrecker ist kein Anspruch auf Entlastung zuzubilligen. Die Befürworter eines derartigen Anspruchs stützen ihre Argumentation entweder auf die unrichtige Behauptung, im Auftragsrecht habe der Beauftragte einen Entlastungsanspruch, oder sie halten einen Anspruch schlichtweg für notwendig. Der dort propagierte Anspruch auf Entlastung dient häufig als Prämisse und nicht als Resultat. Wenn die Entlastung ausgesprochen wird, so liegt es an der persönlichen Leistung des Entlasteten und nicht an einer ständigen Übung, die es in der Praxis nicht gibt. Es handelt sich um nicht judizierbare psychologische Tatbestände. ...

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