Rz. 457

Die Literatur[586] hat bekanntlich zur Frage der angemessenen Vergütung zahlreiche unterschiedliche Tabellen entwickelt. Bei allen Unterschieden ist jedoch den Tabellenvorschlägen gemein, dass Großnachlässe mit einem Wert weit über 5 Mio. EUR kaum oder nur unzureichend berücksichtigt werden.[587] Ebenso ist allen Vergütungsvorschlägen die fehlende oder nicht nachvollziehbare Begründung gemein, warum gerade bei den festgesetzten Stufen und Prozentsätzen die Vergütung i.S.d. § 2221 BGB angemessen sein soll und nicht bei anderen Werten. Auch wenn keine statistische Erhebung dazu besteht, ist doch in den letzten Jahren aus der Sicht des Verfassers aufgrund eigener subjektiver Wahrnehmung in der Praxis deutlich eine zunehmende Akzeptanz der Vergütungsempfehlung des Deutschen Notarvereins sowohl in der Rechtsprechung[588] als auch in den Testamenten zu verzeichnen, auch wenn dies wegen fehlender Tatsachenerhebung immer noch in Zweifel gezogen wird.[589] Auf jeden Fall dürfte aber die Vergütungsempfehlung als Auslegungshilfe oder Hilfsmittel für ein Annäherungsverfahren dienen.[590]

Dementsprechend wird auf der Grundlage der Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins[591] versucht, eine ergänzende Hilfe für die Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung bei Nachlässen mit Werten über 5 Mio. EUR zu entwickeln. Die Werthaltigkeit eines Nachlasses ist eigentlich von sekundärer Bedeutung. Im Rahmen der Suche nach der Angemessenheit der Vergütung ist somit die Anwendung einer degressiven Tabelle ein probates Mittel.

 

Rz. 458

Um die Angemessenheit der Vergütung zu bestimmen, bleiben somit nach Maßgabe des Differenzierungsgebotes immer sog. nachlassbezogene Merkmale wie

Umfang und Struktur des Nachlasses,
Anzahl und Alter der Beteiligten

sowie tätigkeitsbezogene Umstände wie

der konkrete Pflichtenkreis des Testamentsvollstreckers,
Haftungsrisiko,
Umfang und Schwierigkeit der Aufgaben,
Dauer der Tätigkeit und
die Verwertung besonderer Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten

zusätzlich ausschlaggebend.[592]

 

Rz. 459

Tabelle zur Vergütung von Großnachlässen ab 5 Mio. EUR (Bonefeld’scher Tabellenvorschlag)

Es ergibt sich folgende Tabelle:[593]

 
Nachlasswert in Mio. bis Vergütung nach DNotV in EUR bei 1,5 % Wachstumswert bzw. Prozentsatz Vergütung nach Reduzierung
5 100.000 EUR    
10 150.000 EUR    
15 225.000 EUR 1,5 225.000 EUR
20 300.000 EUR 1,33 266.000 EUR
25 375.000 EUR 1,25 312.500 EUR
30 450.000 EUR 1,2 360.000 EUR
35 525.000 EUR 1,16 406.000 EUR
40 600.000 EUR 1,14 456.000 EUR
45 675.000 EUR 1,125 506.250 EUR
50 750.000 EUR 1,11 555.000 EUR

Bis zu dem Betrag von einem Bruttonachlass von 50 Mio. EUR bietet sich somit an, nach folgendem Schema den neuen Prozentsatz zu errechnen:

 

Rz. 460

Es wird ab dem Wert von 50 Mio. EUR[594] vorgeschlagen, nunmehr nicht mehr den Wachstumswert zwischen den Vergütungsstufen mit 1,5 % zu ermitteln, sondern es wird der Wachstumswert zwischen den vorgestellten neuen Werten berücksichtigt, der konstant rund 0,98 ergibt. Hierdurch wird bei den höheren Werten ein höherer Abschlag bzw. Reduzierung erreicht. Dementsprechend führt dieser Weg zu einer stärkeren Degression als bei dem vorherigen Kompromissvorschlag für die Werte bis 50 Mio. EUR.

Insofern ist es recht einfach, auch für Nachlässe über 50 Mio. EUR die Tabelle weiterzurechnen. Bis 105 Mio. EUR ergibt sich folgende weitere Berechnung, wobei die Prozentsätze jeweils gerundet wurden:

 
Nachlasswert in Mio. Neuer Prozentsatz
55 1,09
60 1,07
65 1,04
70 1,02
75 1
80 0,98
85 0,96
90 0,94
95 0,93
100 0,91
105 0,89

Die Tabelle lässt sich vereinfacht somit wie folgt weiterrechnen:

Neuer Prozentsatz = Prozentsatz der Vorstufe x 0,98

 

Beispiel:

Neuer Prozentsatz = 0,89 x 0,98

also

0,87 = 0,89 x 0,98

Neuer Prozentsatz = Prozentsatz der Vorstufe x 0,98

 

Rz. 461

Die Vorgehensweise nach der vorgenannten Formel führt rechnerisch dazu, dass quasi alle 50 Mio. EUR eine Reduzierung der Prozentquote von 0,02 % eintritt. Allerdings führt dies wiederum zu einer sehr hohen Degression bei sehr werthaltigen Nachlässen ab 250 Mio. EUR, die nicht gerechtfertigt wäre. Insofern dürfte eine weitere Modifikation angemessen sein. Angesichts des Äquivalenzprinzips etc. ist es hier naturgemäß sehr schwierig, punktgenau neue Stufen vorzuschlagen. Es bietet sich daher an, ab 250 Mio. EUR eine neue Stufe bis 500 Mio. EUR einbauen, dann noch eine erheblich höhere Stufe bei 2,5 Mio. EUR. Bis 250 Mio. EUR würden sich somit 0,51 % ergeben (statt eigentlich 0,31 % – also statt pro 50 Mio. EUR einen Abschlag von 0,2 % vorzunehmen nur pro 100 Mio. EUR 0,2 %) = 1.275.000 EUR; bis 500 Mio. EUR 0,49 % (statt 0,29 %) = 2.450.000 EUR. Die weiteren Stufen könnte man normal abschmelzen und käme zu folgenden Ergebnissen:

bis 2,5 Mio. EUR 0,27 %;
bis 5 Mio. EUR 0,25 %;
bis 10 Mio. EUR 0,23 %.

Bei einer weiteren Anwendung der Abschmelzung von 0,02 % pro 50 Mio. EUR nach der Stufe von 150 Mio. EUR wären die Werte m.E. zu niedrig. Ferner bietet sich an, bei derartigen Groß...

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