I. Allgemeines

 

Rz. 437

Die Angemessenheit der Vergütung ist funktionell bezogen auf die vom Testamentsvollstrecker durchzuführenden Aufgaben zu beurteilen.[558] Somit müssen die zu erfüllenden Aufgaben und die zu beanspruchende Vergütung in einem richtigen Preis-/ Leistungsverhältnis stehen. Dementsprechend ist die Höhe der Vergütung insb. von den einzelnen Aufgaben im Rahmen der Testamentsvollstreckung abhängig. Die Rspr. und Lit. haben zur Frage der angemessenen Vergütung zahlreiche unterschiedliche Tabellen entwickelt. Der einzelne Gebührentatbestand ist den jeweils zu erfüllenden Aufgaben aufgrund einer funktionellen Betrachtungsweise zu entnehmen. In der Lit.[559] wurde dazu folgende Tabelle entwickelt:

 
Vollstreckungsaufgabe Gebührentatbestand

Abwicklungsvollstreckung:

normale Aufgabe;
Konstituierung;
Auseinandersetzung;
hierzu notwendige Verwaltung;

Regelvergütung

Konstituierungsgebühr nur in Ausnahmefällen

reine Verwaltungsvollstreckung

(§ 2209 BGB)
laufende Verwaltungsgebühr

Dauervollstreckung

Konstituierung;
anschließend i.d.R. (teilweise) Auseinandersetzung;
länger währende Verwaltung;
u.U. danach noch Auseinandersetzung.

Verwaltungsgebühr

u.U. Auseinandersetzungsgebühr
 

Rz. 438

Anschließend ist der Bezugswert zu ermitteln, wobei folgende Punkte bei der Bewertung wichtig sind:[560]

Art und Umfang des Nachlasses;
Umfang und Schwierigkeit der zu erwartenden Geschäfte;
Dauer der Verwaltung;
Notwendigkeit besonderer Vorkenntnisse und Erfahrungen zur Aufgabenbewältigung;
Haftungsgefahr bzw. Größe der Verantwortung;
Steuerbelastung der Vergütung durch Umsatzsteuer.[561]
 

Rz. 439

Des Weiteren ist nach den verschiedenen Arten der Aufgaben zu differenzieren. So wird in der Praxis häufig von einer Regelgebühr oder auch Vollstreckungsgebühr[562] gesprochen, die grundsätzlich immer anfällt, und für die Auseinandersetzung des Nachlasses gezahlt wird. Daneben kann zur Abgeltung der Arbeit des Testamentsvollstreckers bei Übernahme des Amts für die Ermittlung und Inbesitznahme des Nachlasses (§ 2205 BGB), Aufstellung und Mitteilung des Nachlassverzeichnisses (§ 2215 BGB) sowie Regulierung der Nachlassverbindlichkeiten einschließlich der Steuerschulden,[563] eine sog. Konstituierungsgebühr anfallen. Zudem kann bei Verwaltungsvollstreckung die periodische Verwaltungsgebühr anfallen, die jährlich zu bezahlen ist.

 

Rz. 440

Zu beachten ist, dass die Gesamtgebühr sich keinesfalls immer aus der Summe der einzelnen Gebührentatbestände ergibt.

[558] Mayer/Bonefeld/Tanck, Testamentsvollstreckung, § 21 Rn 1 ff.
[559] Vgl. dazu Tilling, ZEV 1998, 331.
[560] Bengel/Reimann/Eckelskemper/Schmitz, HB Testamentsvollstreckung, § 10 Rn 16.
[561] BGH NJW 1963, 487; BGH NJW 1967, 2400; a.A. OLG Köln ZEV 1994, 118 mit Anm. Klingelhöffer = NJW-RR 1994, 328.
[562] Grüneberg/Weidlich, § 2221 Rn 10; bei Sondergebühren kommen spätere Veränderungen von Wert u. Zusammensetzung des Nachlasses grundsätzlich bei der Berechnung der Vergütung zum Tragen. Ferner MüKo/Zimmermann, § 2221 Rn 8; OLG Köln ZEV 1994, 118.
[563] Bewertungsstichtag ist dabei der Zeitpunkt des Erbfalls, unabhängig späterer Wertveränderungen. Vgl. auch BGH NJW 1963, 380.

II. Vergütungstabellen

 

Rz. 441

Da im Einzelfall problematisch ist, welche Vergütung angemessen ist, wurden von Rspr. und Lit. Vergütungstabellen entwickelt. Fraglich ist, ob die Höhe der Vergütung durch eine Verweisung auf die bekannten Tabellen erfolgen kann. Im Wege der erweiterten Auslegung der letztwilligen Verfügung ist eine derartige Verweisung möglich, wobei dann jedoch das Problem möglicher zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen der Verhältnisse bestehen kann. Hier sollte daher eine deutliche und klarstellende Formulierung gewählt werden.

Nachfolgend sollen nur die in der Praxis wichtigsten Vergütungstabellen aufgeführt werden, wobei davon bewusst abgesehen wird, jeden bisher veröffentlichen Vorschlag aufzuführen.[564]

[564] Eine gute Übersicht der meisten Vorschläge findet sich bei: Bengel/Reimann/Eckelskemper/Schmitz, HB Testamentsvollstreckung, § 10 Rn 39 ff.

1. Rheinische Tabelle

 

Rz. 442

Die sog. Rheinische Tabelle ist die am längsten praktizierte und auch bekannteste unter den Vergütungstabellen. Sie wurde bereits 1925 entwickelt und ist heute ohne Modifizierungen nicht ohne Weiteres anwendbar, was leider aber in der Praxis immer wieder übersehen wird. Teilweise wird daher im Schrifttum gefordert, gewisse Zuschläge zu diesen Sätzen zu machen, und zwar von 20 bis 40 bzw. 50 Prozent.[565] Aufgrund des Alters der Tabelle ist die "Ur-Tabelle" in Reichsmark. Dort hieß es:

 
Es wird empfohlen, als Gebühr für die Tätigkeit des Notars als Testamentsvollstrecker im Regelfalle wie folgt zu berechnen:
  RM Bruttowert  
bei einem Nachlass bis zu 20.000 4 %
darüber hinaus bis zu 100.000 3 %
darüber hinaus bis zu 1.000.000 2 %
darüber hinaus bis zu   1 %
Diese Sätze gelten für normale Verhältnisse und glatte Abwicklung. Folgt dagegen eine längere Verwaltungstätigkeit, z.B. beim Vorhandensein von Minderjährigen, oder verursacht die Verwaltung eine besonders ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge