Rz. 78

Sogar in der Begründung führte die Bundesregierung aus: Gleichwohl soll künftig jede Art von Testamentsvollstreckung zulässig sein. In den Fällen, in denen der Erblasser die Entscheidung trifft, die Testamentsvollstreckung einem Kreditinstitut, einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen oder einer sonstigen Person seines Vertrauens zu übertragen, ist es auch aus Gründen der Testierfreiheit geboten, die gesamte Abwicklung eines Nachlasses als zulässiges Annexgeschäft zur vermögensverwaltenden Tätigkeit des Testamentsvollstreckers anzusehen.

 

Rz. 79

Nach hiesiger Auffassung ist jedoch weiterhin str., wann im Einzelfall dennoch die Durchführung von Testamentsvollstreckungen durch die Banken zulässig ist. Im Bereich der Banken dürfte die eigentliche Problematik nur verlagert sein. Bei Banken handelt es sich regelmäßig nämlich um juristische Personen, die durch ihre Organe vertreten werden. In der Praxis werden wohl kaum die einzelnen Bankvorstände die eigentliche Testamentsvollstreckertätigkeit selbst durchführen, sondern sich durch Angestellte des Bankunternehmens vertreten lassen. Dies kann aber unzulässig sein, da insoweit das Substitutionsverbot zu beachten ist. Der Testamentsvollstrecker darf nämlich auch einzelne Obliegenheiten im Zweifel nicht auf Dritte übertragen (§ 664 Abs. 1 S. 2 BGB; sog Substitution oder Vollübertragung im Gegensatz zur bloßen Zuziehung eines Gehilfen nach § 664 Abs. 1 S. 3 BGB). Das Substitutionsverbot soll dann nicht gelten, wenn die Wahrnehmung durch Dritte nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung gem. § 2216 Abs. 1 BGB bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Verkehrssitte unbedenklich ist. Die Konstituierung des Nachlasses bzw. Erstellung des Nachlassverzeichnisses ist höchstpersönliche Uraufgabe und eben nicht nur bloße Einzelaufgabe des Testamentsvollstreckers und dürfte somit nicht ohne weiteres auf Dritte – auch nicht per Generalvollmacht – übertragen werden. Andernfalls würde er wesentliche Bereiche der Testamentsvollstreckung aus der Hand geben. Des Weiteren dürfte es sich bei den eigenen Angestellten der Bank auch nicht um "selbstständige Vertragspartner" handeln, denen ansonsten Aufgaben übertragen werden dürfen.

 

Rz. 80

Der Rechtsberater hat bei Testamentsvollstreckung von Banken besonders auf das Substitutionsverbot zu achten. Bei einem Verstoß ist dann ein Entlassungsantrag nach § 2227 BGB zu stellen.

 

Praxishinweis

Doch auch, wenn kein Verstoß gegen das Substitutionsverbot gegeben ist, sollte immer darauf geachtet werden, ob die Bank überhaupt wegen Interessenkollision den Nachlass nach § 2216 BGB ordnungsgemäß verwaltet oder ob sie, wenn die Interessenkollision nicht zur Entlassung nach § 2227 BGB führt, nicht wenigstens nach § 2219 BGB in die Haftung genommen werden kann. Demnach ist also besonderes Augenmerk darauf zu verwenden, ob z.B. die Bank bei der Kapitalanlage nur an die eigenen Fonds denkt und nicht zinsgünstigere Möglichkeiten bei anderen Banken ungenutzt lässt.[112]

 

Rz. 81

Somit ist nach dem RDG nicht generell die Durchführung durch Steuerberater unzulässig; Gleiches gilt für Wirtschaftsprüfer. Wie den gewerblichen Verwaltern von Eigentumswohnungen ist diesen Berufsgruppen ebenfalls die Erlaubnisfreiheit ihrer Tätigkeit zuzubilligen.[113] Eine reine Verwaltungsvollstreckung nach § 2209 S. 1 BGB wurde bereits als Vermögensverwaltung und somit erlaubnisfrei gewertet.[114] Sofern keine geschäftsmäßige Übernahme von Testamentsvollstreckung vorliegt, dürfte die Übernahme und Durchführung der Testamentsvollstreckung, sofern sie einzeln veranlasst ist, ohne weiteres erfolgen. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen eine Bestimmung durch das Nachlassgericht nach Maßgabe des § 2200 BGB erfolgt ist.

 

Praxishinweis

Kann das Amt durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, ist jedoch das Gewerbeverbot aus § 43 Abs. 3 Nr. 1 WPO zu beachten.

[112] Zur Interessenkollision bei der Anlage von Nachlassvermögen durch Kreditinstitute: Schmitz, ZErb 2005, 74.
[113] So auch BeckOK BGB/Lange, § 2197 Rn 30.
[114] OLG Düsseldorf ZEV 2002, 27; vgl. hingegen OLG Hamm NJW-RR 2002, 1286.

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