Rz. 196

Der Testamentsvollstrecker ist durch § 2205 S. 1 BGB berechtigt und verpflichtet, den Nachlass zu verwalten. Des Weiteren wird ihm durch § 2205 S. 2 BGB das Recht eingeräumt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen. Hierdurch entsteht insgesamt ein Sondervermögen, über das der Erbe nicht verfügen kann (vgl. § 2211 BGB). Ferner führt die Testamentsvollstreckung zum Zugriffsausschluss privater Gläubiger des Erben (vgl. § 2214 BGB). Von der Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht befreien (vgl. §§ 2216, 2220 BGB). Zweck der Nachlassverwaltung ist die Durchführung der dem Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben zu ermöglichen. Dazu gehören insb. die Ausführungen der letztwilligen Verfügung gem. § 2203 BGB und das Bewirken der Auseinandersetzung zwischen den Miterben gem. § 2204 BGB. Lediglich bei der Verwaltungsvollstreckung i.S.d. § 2209 BGB ist die Verwaltung des Nachlasses selbstständige Aufgabe des Testamentsvollstreckers.[269]

 

Rz. 197

Grundsätzlich unterliegt der gesamte Nachlass ausschließlich und ohne Beschränkung dem Verwaltungsrecht durch den Testamentsvollstrecker. Hierdurch werden alle Erben von ihrer Verfügungsmöglichkeit ausgeschlossen. Lediglich durch das Schenkungsverbot aus § 2205 S. 3 BGB wird die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers eingeschränkt. Ebenso hat er sich an Anordnungen des Erblassers nach Maßgabe des § 2208 BGB und an die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung nach den §§ 2206, 2216 BGB zu halten.

 

Rz. 198

Unter die Verwaltung des Nachlasses fallen alle erforderlichen und zweckdienlichen Maßnahmen zur Sicherung, Erhaltung, Nutzung oder Verwertung bzw. Mehrung des Nachlasses. Daher ist der Testamentsvollstrecker z.B. zur Eingehung von Verbindlichkeiten, zur Verfügung über Nachlassgegenstände, zur Besitznahme und -ausübung sowie zur Prozessführung berechtigt. Die Reichweite der Verwaltungsbefugnis wird somit insb. durch den Erblasser bestimmt, der die Testamentsvollstreckung auch auf einen bestimmten Erbteil beschränken kann (sog. Erbteilsvollstreckung) oder auf einen Nachlassbruchteil. Selbst wenn der Erbteil ge- oder verpfändet ist, wird die Befugnis zur Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker nicht tangiert. Gleiches gilt für Nacherbenrechte, da die §§ 2113 ff. BGB diesbezüglich nicht anwendbar sind.

Fraglich ist, ob der Erbe ein direktes Auskunftsrecht gegenüber Banken hat oder ob ein solches durch das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers ausgeschlossen ist. Richtigerweise handelt es sich bei der Auskunft nicht um eine Verwaltungsmaßnahme, sondern quasi um "Vorverwaltungshandeln". Der Testamentsvollstrecker wird auch durch die Auskunft in seiner Tätigkeit nicht behindert. Insofern ist dem Erben ein eigenständiges Auskunftsrecht z.B. gegenüber Banken zuzubilligen.[270] Ein Miterbe ist im Übrigen ebenfalls berechtigt, die Grundbuchberichtigung zu beantragen, selbst wenn das betreffende Grundstück der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterliegt.[271] Auch hier sind die Rechte des Testamentsvollstreckers durch den Antrag nicht beeinträchtigt.

 

Rz. 199

Insgesamt ist somit die Reichweite der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers funktionsbezogen zu betrachten.

 

Übersicht: Gegenstände der Verwaltungsbefugnis[272]

Gegenstand der Verwaltungsbefugnis Nicht Gegenstand der Verwaltungsbefugnis
vollständig vererblicher Nachlass inkl. Nutzungen;
Surrogationserwerb gem. § 2019 BGB bzw. § 2041 BGB;
Urheberrecht, wenn die Ausübung gem. § 28 UrhG auf Testamentsvollstrecker übertragen wird;
Wahrnehmung des Namensrechts nach § 12 BGB, nur sofern zur Geltendmachung durch Erblasser ermächtigt oder sofern vermögensrechtlicher Natur;
Abwehr von Ehrangriffen gegen Erblasser, sofern hierzu ausdrücklich ermächtigt;
Antrag auf Todeserklärung eines Beteiligten nach § 16 Abs. 2 VerschG
Kündigungsrechte aus Mietverhältnis nach § 569 BGB;
Anspruch auf Schadensersatz nach § 2219 BGB gegenüber früheren Testamentsvollstreckern, sofern nicht nur einzelner Erbe oder Vermächtnisnehmer geschädigt;
Widerruf eines Bezugsrechts aus einer Lebensversicherung, damit diese in den Nachlass fällt, sofern dieses noch nicht vollzogen ist;
Geltendmachung von Versicherungsrechten, sofern diese in den Nachlass fallen (wie z.B. Sachversicherungen);
Höchstpersönliche Rechte des Erblassers, die über den Tod fortwirken, insbes. höchstpersönliche Gesellschafterrechte;
Erbenrechte im Erbprätendentenstreit;
Ausschlagungsrecht einer Erbschaft, die noch zu Lebzeiten des Erblassers angefallen ist:
Anspruch auf Herausgabe einer beeinträchtigenden Schenkung nach § 2287 BGB;
Anfechtungsrechte aus §§ 2078, 2079 BGB;
Erhebung der Einrede der Anfechtbarkeit nach § 2083 BGB;
Anfechtungsrecht wegen Erbunwürdigkeit nach §§ 2341, 2345 BGB;
Sondererbrecht der Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner und Familienangehörigen nach § 563a BGB;
Widerrufsrecht einer Schenkung aus § 530 Abs...

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