Rz. 230

Aufgrund der Disparität der erb- und gesellschaftsrechtlichen Haftungsordnungen (vgl. § 2 EGHGB) kommt es zu erheblichen Problemen von Testamentsvollstreckungen im Unternehmensbereich. So würde die Fortführung eines Handelsgeschäfts durch einen Testamentsvollstrecker auf die Führung eines Handelsgeschäfts mit beschränkter Haftung hinauslaufen.[302] Ein derartiger Widerspruch zum Handelsrecht, wonach derjenige, der ein Handelsgeschäft führt, mit seinem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten haftet, kann von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden. Daher ist eine Testamentsvollstreckung an einem Handelsgeschäft unzulässig. Die erbrechtlichen Vorschriften treten hinter denen der handelsrechtlichen Bestimmungen über die Firmenfortführung und Haftung für Geschäftsschulden zurück.[303]

 

Rz. 231

In der Lit.[304] wird zu Recht eine Abwicklungsvollstreckung am Handelsgeschäft für möglich erachtet, weil dann die handelsrechtlichen Haftungsgrundsätze der §§ 25, 27 HGB nicht eingreifen. Eine Fortführung des Handelsgeschäfts über die Drei-Monats-Frist des § 27 Abs. 2 HGB hinaus ist jedoch nicht zulässig.[305] Die Abwicklungsvollstreckung erlischt somit automatisch nach Ablauf dieser Drei-Monats-Frist, sofern das Einzelunternehmen nicht an die Erben gem. § 2217 BGB freigegeben bzw. bis zu diesem Zeitpunkt in eine andere Rechtsform überführt wurde. Ebenso wäre eine fristgerechte Verpachtung möglich. Führt der Testamentsvollstrecker dennoch nach Ablauf von drei Monaten die Vollstreckung fort, haftet er analog § 177 BGB persönlich.

[302] BGHZ 12, 100 = BGH NJW 1954, 636.
[303] Vgl. auch BGHZ 24, 106.
[304] Staudinger/Dutta, § 2205 Rn 91.
[305] Staudinger/Dutta, § 2205 Rn 91.

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