1. Überblick

 

Rz. 63

Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile – also auch gegen Urteile der Amtsgerichte – findet unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt (§ 566 Abs. 1 S. 1 ZPO). Voraussetzung hierfür ist ein entsprechender Antrag der beschwerten Partei sowie die Einwilligung des Gegners (§ 566 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Sprungrevision ist nur statthaft, wenn das Revisionsgericht sie zulässt (§ 566 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO).

 

Rz. 64

Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision ist durch Einreichung eines Schriftsatzes beim Revisionsgericht zu stellen (§ 566 Abs. 2 S. 1 ZPO). Dem Antrag ist die schriftliche Einwilligungserklärung der Gegenpartei beizufügen (§ 566 Abs. 2 S. 2 ZPO), die allerdings noch während der Revisionsfrist nachgereicht werden kann.[17] Über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision entscheidet das Revisionsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (§ 566 Abs. 5 S. 1 ZPO). Wird die Revision nicht zugelassen, endet das Verfahren; das erstinstanzliche Urteil wird rechtskräftig (§ 566 Abs. 6 ZPO). Wird die Sprungrevision dagegen zugelassen, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt (§ 566 Abs. 7 S. 1 ZPO). Der Antrag auf Zulassung gilt dann als Einlegung der Revision (§ 566 Abs. 7 S. 2 ZPO).

 

Rz. 65

Wird der Anwalt als Prozessbevollmächtigter in diesem Verfahren auf Zulassung der Sprungrevision tätig, so zählt seine Tätigkeit bereits zum Revisionsverfahren (§ 16 Nr. 11 i.V.m. § 17 Nr. 1 RVG). Da das Verfahren auf Zulassung der Sprungrevision nicht als Beschwerdeverfahren ausgestaltet ist, kommt § 17 Nr. 9 RVG nicht zur Anwendung.

 

Rz. 66

Sofern sich der Antragsgegner bereits im Verfahren auf Zulassung der Revision durch einen Anwalt vertreten lässt, beginnt auch für diesen mit der Tätigkeit im Zulassungsverfahren bereits das Revisionsverfahren (§ 16 Nr. 11 i.V.m. § 17 Nr. 1 RVG).

 

Rz. 67

Von der Tätigkeit im Zulassungsverfahren ist die Tätigkeit hinsichtlich der Abgabe der Einwilligungserklärung zu unterscheiden. Diese zählt grundsätzlich noch zur ersten Instanz (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG), kann aber auch eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV RVG darstellen oder in Ausnahmefällen ebenfalls bereits dem Revisionsverfahren zuzuordnen sein.

[17] Anders/Gehle, ZPO, § 566 Rn 6, allerdings mit Fehlzitat zur Rspr. des BGH.

2. Die Abgabe der Einwilligungserklärung

a) Vertretung des Erklärenden

 

Rz. 68

Die Abgabe der Einwilligung zur Sprungrevision zählt nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG für den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zur Instanz. Er erhält also dafür keine zusätzliche Vergütung.

 

Rz. 69

Wird der Anwalt erstmals mit der Abgabe der Einwilligungserklärung beauftragt, so liegt eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV vor, für die er eine 0,8-Verfahrensgebühr erhält.

 

Rz. 70

Wird die Einwilligung zur Sprungrevision von dem bereits im Zulassungsverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten erklärt, so gilt für diesen Anwalt wiederum § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG.[18] Die Erklärung wird durch die Verfahrensgebühr des Zulassungsverfahrens mit abgegolten.

 

Beispiel 36: Abgabe der Einwilligung zur Sprungrevision durch erstinstanzlichen Anwalt

Das LG hat den Beklagten erstinstanzlich zur Zahlung von 50.000,00 EUR verurteilt. Dieser will Sprungrevision einlegen und lässt durch seinen erstinstanzlichen Anwalt beim Kläger um die Einwilligung hierzu nachfragen. Für den Kläger erklärt daraufhin dessen erstinstanzlicher Prozessbevollmächtigter die Einwilligung zur Sprungrevision.

Weder der Anwalt des Klägers noch der des Beklagten erhalten eine zusätzliche Vergütung für das Einholen bzw. die Abgabe der Einwilligung, da diese Tätigkeiten noch zur ersten Instanz zählen (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG).

 

Rz. 71

 

Beispiel 37: Abgabe der Einwilligung zur Sprungrevision durch bisher nicht beauftragten Anwalt

Das AG hat die Klage auf Zahlung von 4.000,00 EUR gegen den sich selbst vertretenden Beklagten abgewiesen. Der Kläger will Sprungrevision einlegen. Der Beklagte beauftragt daraufhin einen Anwalt, der für ihn die Einwilligung zur Sprungrevision erklärt.

Der Anwalt des Beklagten erhält jetzt eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV.

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV   222,40 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 242,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   46,06 EUR
Gesamt   288,46 EUR
[18] AnwK-RVG/N. Schneider/Fölsch/Volpert, § 19 Rn 93.

b) Vertretung des Erklärungsempfängers

 

Rz. 72

Die Entgegennahme der Einwilligung zur Sprungrevision zählt nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG auch für den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zur Instanz. Er erhält also ebenfalls keine zusätzliche Vergütung, wenn er die Erklärung anfordert und entgegennimmt.

 

Rz. 73

Wird der Anwalt erstmals mit dem Einholen der Einwilligungserklärung beauftragt, so liegt wiederum eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV vor, für die der Anwalt eine 0,8-Verfahrensgebühr erhält.

 

Rz. 74

Wird die Einwilligung zur Sprungrevision von dem bereits im Zulassungsverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten eingeholt, so soll für diesen Anwalt wiederum § 19 Abs...

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