Rz. 26

Im deutschen Recht gilt ausnahmslos der Grundsatz der bezahlten Karenz. Alle Ausnahmen, die eine entschädigungslose Wettbewerbsklausel zuließen, sind entweder für nichtig erklärt oder abgeschafft.

 

Rz. 27

Nach der gesetzlichen Regelung muss der Arbeitgeber für jedes Jahr des Verbotes mindestens die Hälfte der von dem Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen zahlen, § 74 Abs. 2 HGB. Die Karenzentschädigung ist in entsprechenden Anteilen gem. § 74b HGB am Schluss jedes Monats zu zahlen.

 

Rz. 28

Die Karenzentschädigung errechnet sich gem. § 74 Abs. 2 HGB anhand der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen. Vertragsgemäße Leistungen sind sämtliche Geld- und Sachleistungen. Als vertragsmäßig i.S.v. § 74 Abs. 2 HGB ist eine Leistung anzusehen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruht und als Vergütung für die geleistete Arbeit erbracht wird. Die von einem Dritten im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis versprochenen beschränkten Aktienerwerbsrechte können allenfalls dann Teil der vertragsmäßigen Leistungen i.S.v. § 74 Abs. 2 HGB sein, wenn der Vertragsarbeitgeber im Einzelfall ausdrücklich oder aber auch konkludent im Hinblick auf die Gewährung solcher Leistungen auf eine eigene (Mit-)Verpflichtung eingegangen ist.[34] Sachleistungen sind in Geldwert umzurechnen. Dies gilt beispielsweise für den Dienstwagen.[35] Es empfiehlt sich, sich an den steuerlichen Regelungen zu orientieren. Hiernach rechnet der Dienstwagen mit monatlich 1 % des Brutto-Listenanschaffungswertes. Zu den Details der Berechnung wird auf die hierzu vorhandene ausführliche Literatur verwiesen.[36]

 

Rz. 29

Die Karenzentschädigung wird nicht unabhängig von der Tätigkeit des Arbeitnehmers gezahlt. Nimmt der Arbeitnehmer eine anderweitige Tätigkeit auf, hat er sich das hieraus erwirtschaftete Einkommen anrechnen zu lassen. Eine Anrechnung erfolgt, wenn und soweit die Summe aus Karenzentschädigung und anderweitigem Einkommen mehr als 1/10 über dem früheren Entgelt liegt, § 74c Abs. 1 HGB. Musste der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz aufgrund des Wettbewerbsverbotes verlegen, erhöht sich diese Grenze. Der Arbeitnehmer kann dann anrechnungsfrei 125 % seines bisherigen Entgelts beziehen. Arbeitslosengeld ist in die Anrechnung mit einzubeziehen.[37] Das böswillige Unterlassen einer anderweitigen Tätigkeit steht dem tatsächlichen Erwerb gleich und führt somit zur Anrechnung, § 74c Abs. 1 S. 1 HGB. Maßnahmen der Qualifizierung füllen allerdings die Karenzzeit, ohne dass hierin ein böswilliges Unterlassen läge.[38]

 

Rz. 30

Die Karenzentschädigung wird sozialversicherungsfrei gezahlt. Da die Karenzentschädigung kein Arbeitsentgelt im Sinne § 14 SGB IV ist, unterliegt sie in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung nicht der Beitragspflicht. Die Karenzentschädigung lässt sich wie auch eine Abfindung nicht der früheren Beschäftigung zuordnen.[39]

 

Rz. 31

Der Anspruch auf Karenzentschädigung unterliegt nicht dem Anspruchsübergang nach § 115 SGB X, da es sich nicht um Arbeitsentgelt handelt.[40]

 

Rz. 32

Steuerlich sind Karenzentschädigungen Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, die wie Arbeitsentgelt zu versteuern sind.[41]

[35] LAG Niedersachsen v. 9.1.2013, AE 2013, 54.
[36] Vgl. z.B. Bauer/Diller, Rn 373 ff. m.w.N.
[38] Vgl. LAG Köln v. 4.5.2004, BB 2005, 457.
[39] Kasseler Kommentar/Seewald, § 14 SGB IV Rn 28.
[40] BGH v. 15.4.1991, DB 1991, 1508.
[41] LAG Hamm v. 1.7.1987, LAGE Nr. 3 zu § 74 HGB; Bauer/Diller, Rn 1132.

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