Rz. 1

Notwendige Heilbehandlungskosten hat der Schädiger grundsätzlich zu ersetzten. Da die Kosten der Heilbehandlung vielfach durch gesetzliche oder private Versicherungen abgedeckt werden, sind Klagen des Geschädigten insoweit eher selten. Meist geht es um den Regress aufgrund übergegangener Ansprüche[1] oder um den Ausgleich unter verschiedenen Kostenträgern.[2] Bei Sozialversicherten reichen die von den Sozialversicherern getragenen Sozialleistungen allerdings zunehmend nicht mehr aus, um den erforderlichen Heilbehandlungsaufwand zu decken. So werden etwa durch die Einführung der – zum 1.1.2013 wieder abgeschafften – Praxisgebühr, den grundsätzlichen Entfall des Leistungsanspruchs für Sehhilfen und Zuzahlungen beim Bezug von Medikamenten oder anlässlich einer stationären Behandlung dem ­Patienten erhebliche Eigenleistungen abverlangt. Als Geschädigter hat er einen Anspruch auf Ersatz dieses Mehraufwands. Ganz allgemein kann der verletzte Kassenpatient, soweit dies nicht als unverhältnismäßig erscheint, die Kosten von Heilbehandlungsmaßnahmen ersetzt verlangen, die die gesetzliche Krankenversicherung nicht übernimmt.[3]

 

Rz. 2

Bietet das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung dem Geschädigten nur unzureichende Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung oder ist die Inanspruchnahme dem Geschädigten aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise nicht zuzumuten, kann die Haftpflicht des Schädigers auch die Übernahme der Kosten einer privatärztlichen Behandlung umfassen, etwa wenn die Folgen einer ärztlichen Fehlbehandlung nur durch eine Privatbehandlung ausreichend beseitigt werden können.[4] Primär muss der Kassenpatient allerdings die Möglichkeiten der Schadensbehebung mit Hilfe der gesetzlichen Krankenkasse nutzen.

 

Rz. 3

Bei Angehörigen des öffentlichen Dienstes kommt eine Bezahlung der Heilbehandlungsmaßnahmen durch den Dienstherrn, etwa durch die Gewährung von Beihilfe oder durch sonstige Leistungen in Betracht.[5] Diese sind vorrangig in Anspruch zu nehmen. Ob sich der Schädiger auf eine Verletzung der Schadensminderungspflicht berufen kann, wenn der Geschädigte vom Dienstherrn abgelehnte Leistungen nicht klageweise durchzusetzen versucht, ist eine Frage des Einzelfalls. Soweit der Dienstherr Leistungen kürzt, wie etwa bei der Kürzung der Beihilfe um die frühere sog. Praxisgebühr[6] oder mit dem Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente von der Beihilfefähigkeit[7] oder der Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Heilpraktikerbehandlungen,[8] sind die vom Geschädigten deshalb selbst zu tragenden erforderlichen Kosten ersatzfähig.

[1] § 116 SGB X, § 67 VVG a.F. bzw. § 89 VVG n.F.; vgl. etwa OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2010 – 21 U 163/08, VersR 2011, 637: Regress einer Krankenversicherung gegen Hersteller eines fehlerhaften Herzschrittmachers.
[4] BGHZ 160, 26; OLG München, Urt. v. 26.3.2009 – 1 U 4878/07, juris.
[5] Vgl. z.B. OVG Münster, Urt. v. 2.7.2007 – 1 A 5162/05, juris.
[6] Dazu BVerwG NVwZ 2009, 1037.
[7] Dazu OVG Münster, Urt. v. 24.6.2009 – 3 A 1795/08, DÖD 2010, 17.
[8] Dazu OVG Münster, Urt. v. 14.5.2008 – 1 A 1088/07, DÖD 2009, 95.

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