Rz. 13

Soweit dem ausscheidenden Gesellschafter, wie in § 738 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehen, ein Abfindungsanspruch[26] für den Verlust seines Gesellschaftsanteils zusteht, ist dieser im Falle des todesbedingten Ausscheidens Bestandteil des Nachlasses[27] des Verstorbenen und daher auch in die Berechnung etwaiger Pflichtteilsansprüche einzubeziehen.

 

Rz. 14

Soweit aber (abweichend von den gesetzlichen Vorgaben) abfindungsbeschränkende gesellschaftsvertragliche Regelungen eingreifen, müssen diese grundsätzlich auch auf die Pflichtteilsberechnung (beim ordentlichen Pflichtteil und beim Pflichtteilsergänzungsanspruch) durchschlagen.[28]

Ein gesellschaftsrechtlich zulässiger Abfindungsausschluss wirkt sich daher auf den ordentlichen Pflichtteilsanspruch i.S.d. § 2303 BGB in der Weise aus, dass weder der Gesellschaftsanteil noch ein an dessen Stelle tretender Abfindungsanspruch in die Pflichtteilsberechnung einbezogen werden kann.[29] Dies gilt nach (noch) h.M. jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn der Abfindungsausschluss alle Gesellschafter gleichermaßen betrifft und keinen der Beteiligten unangemessen bevorzugt oder benachteiligt.[30]

Die zulässige Abfindungsbeschränkung führt hingegen nur dazu, dass im Rahmen der Pflichtteilsberechnung zwar ein Abfindungsanspruch zu berücksichtigen ist, aber eben nur in Höhe des sich nach der Gesellschaftervereinbarung ergebenden Betrags und nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB).[31]

 

Rz. 15

Gerade im Hinblick auf den (gegenseitigen) vollständigen Abfindungsausschluss (aber im Prinzip auch bei allen weniger einschneidenden Arten der Abfindungsbeschränkung) stellt sich konsequenterweise die Frage, ob durch sein Eingreifen Pflichtteilsergänzungsansprüche gem. § 2325 Abs. 1 BGB ausgelöst werden.

Auch wenn diese Frage heftig umstritten ist, lässt sich doch vorab festhalten, dass – bejahendenfalls – die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB jedenfalls erst mit dem Tod des Gesellschafters zu laufen begänne, da erst ab diesem Zeitpunkt eine Beeinträchtigung des Vermögens des Erblassers gegeben sein kann (Vermögensausgliederung).[32]

 

Rz. 16

Weniger eindeutig geklärt ist aber die viel entscheidendere Frage, ob in der Vereinbarung des Abfindungsausschlusses eine Schenkung zugunsten der anderen Mitgesellschafter zu sehen ist. Voraussetzung hierfür wäre gem. §§ 516, 517 BGB eine objektive Bereicherung der übrigen Gesellschafter sowie die Einigkeit der Beteiligten darüber, dass die "Zuwendung" unentgeltlich erfolgt.[33] Umstritten ist dabei bereits, was bei einem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Abfindungsverzicht eigentlich den Zuwendungsgegenstand bildet. Teilweise wird vertreten, dass der Abfindungsverzicht ein Vermögensopfer im Sinne des Schenkungsbegriffs darstelle.[34] Andere sind der Auffassung, der Gesellschaftsanteil selbst sei Gegenstand der Zuwendung.[35]

 

Rz. 17

Außerdem bestehen erhebliche Zweifel an der Unentgeltlichkeit der Vereinbarung. Wird man bei einem einseitigen Abfindungsausschluss nur für einzelne Gesellschafter wohl unzweifelhaft von einer unentgeltlichen Zuwendung ausgehen können,[36] ist dies bei einem allseitigen Abfindungsausschluss sicher nicht so einfach möglich. Der BGH[37] geht mit Blick auf den wechselseitigen Abfindungsausschluss bislang jedenfalls davon aus, dass dieser keine Schenkung darstelle. Vielmehr handele es sich um einen bereits unter Lebenden vollzogenen entgeltlichen Vertrag,[38] bei dem dem Risiko, den eigenen Anteil zu verlieren, die für alle Gesellschafter gleichermaßen gegebene Chance gegenüberstehe, einen anderen Gesellschaftsanteil hinzuzuerwerben (aleatorisches Geschäft).[39]

 

Rz. 18

Eine andere Beurteilung hält der BGH nur dann für geboten, wenn ein grobes Missverhältnis der die einzelnen Gesellschafter treffenden Risiken – beispielsweise infolge erheblicher Altersunterschiede[40] oder schwerer Erkrankungen – besteht und sich dadurch einseitige Vor- oder Nachteile ergeben.[41]

 

Rz. 19

Die einen Pflichtteilsergänzungsanspruch ablehnende Haltung des BGH sowie insbesondere auch seine Begründung sind – zum Teil heftiger – Kritik ausgesetzt.[42] Im Fokus stehen dabei vor allem die Argumente, dass allein aus der Wechselseitigkeit des Abfindungsausschlusses bzw. der Abfindungsbeschränkung noch kein entgeltlicher Charakter der Vereinbarung abgeleitet werden könne und allein der Umstand, dass die eigene Verfügung von einer entsprechenden Gegenverfügung des (potenziell) Begünstigten abhängig sei, auch nicht zwingend die Annahme der Entgeltlichkeit rechtfertige.[43] Die über diesen Argumenten schwebende Ratio ist offenbar vor allem von der Sorge getrieben, dass mit den hier diskutierten gesellschaftsvertraglichen Regelungen eine Möglichkeit geschaffen werde, "erwünschten" Nachfolgern zum Nachteil der Pflichtteilsberechtigten das Gesellschaftsvermögen ungeschmälert zu hinterlassen.[44]

 

Rz. 20

Diese Sorge ist aber im Ergebnis unbegründet, die angesprochenen Argumente überzeugen nicht.[45] Dem Risiko der ungerechtfertigten Benachteiligung d...

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