Rz. 152

Soweit der Erbe durch Erbgang Gesellschafter einer OHG bzw. Komplementär einer KG geworden ist, kann er gem. § 139 Abs. 1 bis 3 HGB wählen, ob er unter Aufrechterhaltung der persönlichen Haftung Gesellschafter bleiben oder die Fortdauer seiner Gesellschafterstellung von der Einräumung des Kommanditistenstatus abhängig machen will. Wurde der Erblasser von mehreren Personen beerbt und sind auch mehrere Miterben in die Gesellschafterstellung nachgerückt, stehen jedem von ihnen (für sich allein) die Rechte aus § 139 HGB zu; die Miterben können sich hierbei also auch unterschiedlich entscheiden.[336] Gemäß § 139 Abs. 3 HGB hat der Erbe zur Fällung seiner Entscheidung grundsätzlich eine Bedenkzeit von drei Monaten.[337]

 

Rz. 153

Nehmen die übrigen Gesellschafter den Antrag des Erben an, wird er automatisch Kommanditist.[338] Seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft bleibt mit geändertem Inhalt bestehen.[339] Seine Einlage bestimmt sich, vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Gesellschaftsvertrag, nach dem auf ihn entfallenden Teil der Einlage des Erblassers. Dabei geht die h.M. vom Kapitalanteil des Erblassers im Zeitpunkt des Erbfalls aus und rechnet diesem ausstehende Einlagen oder unzulässigerweise erfolgte Entnahmen hinzu.[340] Als Haftsumme wird i.d.R.[341] der Aktivsaldo des Kapitalkontos festgelegt,[342] wobei die Frage der Berücksichtigung der vorgenannten Hinzurechnungen umstritten ist.[343]

 

Rz. 154

Fällt durch die Umwandlung der Stellung des Erben der einzige persönlich haftende Gesellschafter weg, führt die Annahme seines Antrags zur Liquidation der Gesellschaft, sofern kein neuer Komplementär gefunden wird.[344]

 

Rz. 155

Lehnen die übrigen Gesellschafter den Wunsch des Erben ab, hat er die Möglichkeit, als persönlich haftender Gesellschafter in der Gesellschaft zu verbleiben oder innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 HGB (drei Monate) sein Ausscheiden zu erklären. Die Einhaltung einer Kündigungsfrist ist nicht erforderlich, § 139 Abs. 2 HGB. Im Falle seines Ausscheidens ist der Gesellschafter abzufinden. Die Höhe der Abfindung richtet sich grundsätzlich nach dem tatsächlichen Wert des Anteils; abfindungsbeschränkende Gesellschaftsvertragsklauseln gelten im Zweifel nicht für das Ausscheiden nach § 139 Abs. 2 HGB.[345]

 

Rz. 156

Das in § 139 HGB verankert Wahlrecht des Erben stellt zwingendes Recht dar. Es kann nicht durch Gesellschaftsvertrag entzogen oder eingeschränkt werden, § 139 Abs. 5 Hs. 1 HGB. Gesellschaftsvertragliche Regelungen, durch die z.B. die Dreimonatsfrist abgekürzt wird, die die Übernahme eines höheren Kommanditanteils vorsehen oder nur für den Fall des Ausscheidens die Abfindung beschränken, sind unzulässig.[346] Möglich sind aber Regelungen, denen zufolge der Gewinnanteil des Erben nach der Einräumung der Kommanditistenstellung anders bestimmt wird als der des Erblassers, § 139 Abs. 5 Hs. 2 HGB.

[336] Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 139 Rn 37.
[337] Die Frist endet jedoch nicht, solange die Erbschaft noch nicht angenommen und die Ausschlagung noch möglich ist, § 139 Abs. 3 S. 3 HGB; vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 139 Rn 38.
[338] MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 58.
[339] So entfallen z.B. Geschäftsführungsbefugnis, Vertretungsmacht und Wettbewerbsverbot, vgl. MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 67, 69 f.
[340] MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 74; Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn 108 m.w.N.
[341] Abweichende Vereinbarungen durch die Gesellschafter sind auch insoweit möglich; Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn 108 f.
[342] Vgl. etwa Saßenrath, Die Umwandlung von Komplementär- in Kommanditbeteiligungen, S. 162; Huber, Vermögensanteil, S. 432; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 78.
[343] Vgl. Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn 109; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 78 m.w.N.
[344] Vgl. K. Schmidt, in: Schlegelberger, HGB, § 131 Rn 43 und § 139 Rn 140; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 V 1 a; Frey/von Bredow, Der Wegfall des einzigen Komplementärs nach der HGB-Reform, ZIP 1998, 1621, 1622; vgl. auch BGH v. 18.10.1976 – II ZR 98/75, BGHZ 68, 81, 82.
[345] Hopt, in:Baumbach/Hopt, HGB, § 139 Rn 43.
[346] Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, § 139 Rn 2; Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn 134; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 139 Rn 61; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 139 Rn 92.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge