Rz. 38

Vermögende Familien formulieren häufig als Minimalziel den realen Kapitalerhalt. Das bedeutet, dass die Kaufkraft in der Zukunft nach Abzug der Inflationsrate genauso hoch sein soll wie heute. Dazu kommen noch Steuern und Entnahmen – durch diese Vorgaben können anspruchsvolle Ertragsziele entstehen.

Ein exemplarisches absolutes Ertragsziel für einen realen Kapitalerhalt könnte sich wie folgt zusammensetzen:

 
Inflationsannahme: 2 % p.a.  
Entnahmen: 2 % p.a.  
Kosten: 0,8 % p.a.  
Steuern (vereinfacht ca. 30 %): 2 % p.a.  
Ertragsziel: 6,8 % p.a.  

Neben dem absoluten kann auch ein relatives Ertragsziel vereinbart werden. Dies kann z.B. eine Indexvorgabe sein, etwa 50 % Aktien-Welt und 50 % Renten-Welt.

 

Rz. 39

Die Familie muss die Implikationen der unterschiedlichen Vorgaben kennen. Bei der absoluten Vorgabe ist das Ziel erreicht, wenn die Wertentwicklung über 6,8 % p.a. liegt. Falls allerdings die Kapitalmärkte boomen und beispielsweise um 10 % steigen, ist das für die Bewertung des eigenen Ergebnisses nicht relevant.

Außerdem ist zu bedenken, dass ein absolutes Ertragsziel keine Angabe über die Schwankung enthält. Es stehen aber keine Anlagen ohne Schwankung zur Verfügung, so dass nicht jedes Jahr eine absolute Hürde übertroffen werden kann. Je höher die Vorgabe ist, desto häufiger wird sie im Jahresvergleich unterschritten werden.

 

Rz. 40

Das relative Ertragsziel hat den Vorteil, dass es sich auf konkrete Anlageklassen, etwa Aktien, Anleihen etc., bezieht. Es ist von Nachteil für die Familie, dass das Indexportfolio fallen kann, beispielsweise –10 %, der Verwalter mit –7 % jedoch weniger verliert und aus seiner Sicht eine relativ ordentliche Leistung erbracht hat. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Familie diese Einschätzung teilt, da ihr Vermögen in diesem Fall um 3 % geschrumpft ist.

Die Vorgabe eines relativen Ertragsziels beinhaltet wichtige Aussagen. Soll die Vorgabe beispielsweise anhand des DAX-Indexes für deutsche Aktien oder anhand eines Aktien-Welt-Indexes, z.B. MSCI All Country World Index, formuliert werden? Der DAX-Index beinhaltet die 30 größten deutschen börsennotierten Gesellschaften, dagegen weist MSCI All Country World Index über 2.400 Positionen[16] auf, und der USA-Anteil beträgt über 50 %.

Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass mit der Festlegung eines relativen Ertragsziels und der Vorgabe eines Indexes auch indirekt Allokationsentscheidungen vorgegeben werden. Sofern alle Beteiligten das Wissen zur Beurteilung der Entscheidungsinhalte und der Entscheidungsebenen haben, stellt dies kein Problem dar.

 

Rz. 41

Diese Entscheidungen setzen wiederum nicht nur Kenntnisse über die Indexzusammensetzung voraus, sondern es muss letztlich auch eine vorhergehende Analyse und Bewertung der Attraktivität der Alternativanlageklassen und Anlagen durchgeführt werden. Dazu werden die oben ausgeführten Kenntnisse benötigt.

Beim absoluten Ertragsziel gilt es, ganz überwiegend nur in solche Anlagen zu investieren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das gesteckte Ertragsziel erreichen werden. Bei der Vorgabe des relativen Ertragsziels werden Vermögensverwalter sich schwertun, komplett auf Anlagen zu verzichten, die unattraktiv, aber in den Vergleichsindizes enthalten sind.

 

Rz. 42

Ein gutes Vermögensreporting sollte die Familie in die Lage versetzen, die richtigen Fragen an die Berater oder an das eigene Family Office stellen zu können, vor allem, wenn sie sich nicht tagtäglich mit den Themen beschäftigt. Das dient der erfolgreichen Vermögenssteuerung und somit dem langfristigen Vermögenserhalt.

[16] Quelle: MSCI.com.

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