I. Einleitung

 

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Soll ein Vermögen professionell gesteuert werden, wird – wie in einem Unternehmen – eine Buchhaltung benötigt. Die Vermögensbuchhaltung bildet die Basis für das Berichtswesen, und das Berichtswesen dient der Gesamtvermögenssteuerung. In einer Buchhaltung werden sämtliche Geschäftsvorfälle erfasst und ausgewertet, es sollten liquide und illiquide Vermögensgegenstände erfasst und verarbeitet werden können. Analog zu einer Firmenbuchhaltung werden in einem Family Office Bestände, Bestandsveränderungen, Cashflow-Rechnungen, Ertrags- und Aufwandsrechnungen, Kostenrechnungen und die Performancerechnung für die Vermögensträger und anderen Adressaten aufbereitet. Die Vermögensbuchhaltung muss so aufgebaut sein, dass die individuellen Sichtweisen bzw. Erwartungen der verschiedenen Empfänger bedient werden. Dazu zählen die Vermögensträger, der Controller, der Steuerberater und der Family Officer. Die Vermögensträger haben eine andere Anforderung als beispielsweise der Steuerberater. Daher muss die Buchhaltung die steuerlichen Daten einerseits erfassen und verarbeiten können, aber z.B. auch die Basis für die Performancerechnung liefern. Anhand der Performancerechnung wird gemessen, wie die Wertentwicklung des Gesamtvermögens, von Teilen des Vermögens oder einzelner Bestände war.

II. Vermögensbuchhaltung

 

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Neben der Kapitalmarktanalyse ist die Vermögensbuchhaltung einer der wenigen Bereiche, in denen durch den Einsatz von Software Skaleneffekte erzielt werden können. Sie stellt in der Regel eine Kerndienstleistung eines Multi- oder Single Family Offices dar.

Anhand des Vermögensberichts werden u.a. folgende Fragen beantwortet:

In welchen Anlagen und in welcher Höhe ist die Familie investiert? In welchen Währungen und in welcher Höhe ist die Familie investiert?
Wie war die Wertentwicklung des Gesamtvermögens über Anlageklassen bis hin zur einzelnen Anlage?
Wie war die Wertentwicklung in der Verbrauchs- und in der Fremdwährung?
Welche Kosten und Steuern fielen an?

Falls die Familie über mehrere Rechtseinheiten oder Personen investiert, sind diese Fragen auch für jede dieser Einheiten zu beantworten.

 

Rz. 35

Es ist aber nicht nur die Perspektive der Gesamtfamilie einzunehmen, sondern jedes Familienmitglied soll nachvollziehen können, welches Vermögen er oder sie auf sich persönlich vereint. Daher muss das Berichtswesen in der Lage sein, sämtliche Auswertungen auch für jedes einzelne Familienmitglied darzustellen, also eine Konsolidierung auf Personenebene. Dies ist typischerweise der Anteil an der Familiengesellschaft, die eigenen Immobilien und das sonstige persönliche Vermögen außerhalb der Familiengesellschaft.

 

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Neben den klassischen Auswertungen dient die Buchhaltung außerdem als Basis für die Analyse und Bewertung getroffener Entscheidungen und für die Risikosteuerung. Welche Entscheidung hat zu welchem Ergebnis geführt? In welchen Anlagen ist die Familie besonders stark investiert? Spiegelt die Vermögensallokation die aktuelle Kapitalmarkteinschätzung und die Risikoumgebung wider?

 

Rz. 37

Sofern die Kapitalmarktanalyse und die darauf auszulegende Portfolio-Konstruktion nicht in Eigenregie getroffen werden soll, kann dieser Vorgang ausgelagert werden. Der Berater sollte nach vorheriger Klärung der Risikotragfähigkeit und anderer wichtiger Parameter, wie z.B. Anlagezeithorizont, Entnahmeverhalten etc., die Allokationsentscheidungen treffen. Die Entscheidungsebenen können, wie eingangs beschrieben, in strategische, taktische und Selektionsentscheidungen unterteilt werden. Das Vermögensreporting als Mittel der Vermögenssteuerung sollte daher zur Beurteilung der Entscheidungen diese Ebenen abbilden können. Auf dieser Grundlage können die Auswirkungen von Entscheidungen gemessen und ihre Qualität evaluiert werden. Bei klarer Trennung der Entscheidungsverantwortung und entsprechender Darstellung im Reporting werden Zuständigkeitsdiskussionen vermieden und die Gespräche auf die Sachentscheidungen gelenkt.

III. Absolutes und relatives Ertragsziel

 

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Vermögende Familien formulieren häufig als Minimalziel den realen Kapitalerhalt. Das bedeutet, dass die Kaufkraft in der Zukunft nach Abzug der Inflationsrate genauso hoch sein soll wie heute. Dazu kommen noch Steuern und Entnahmen – durch diese Vorgaben können anspruchsvolle Ertragsziele entstehen.

Ein exemplarisches absolutes Ertragsziel für einen realen Kapitalerhalt könnte sich wie folgt zusammensetzen:

 
Inflationsannahme: 2 % p.a.  
Entnahmen: 2 % p.a.  
Kosten: 0,8 % p.a.  
Steuern (vereinfacht ca. 30 %): 2 % p.a.  
Ertragsziel: 6,8 % p.a.  

Neben dem absoluten kann auch ein relatives Ertragsziel vereinbart werden. Dies kann z.B. eine Indexvorgabe sein, etwa 50 % Aktien-Welt und 50 % Renten-Welt.

 

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Die Familie muss die Implikationen der unterschiedlichen Vorgaben kennen. Bei der absoluten Vorgabe ist das Ziel erreicht, wenn die Wertentwicklung über 6,8 % p.a. liegt. Falls allerdings die Kapitalmärkte boomen und beispielsweise um 10 % steigen, ist das für die Bewertung des eigenen Ergebnisses nicht relevant.

Außerdem ...

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