Rz. 73

Häufiger Gegenstand von Finanzierungsanfragen sind auch Ansprüche aus erbvertragswidrigen Verfügungen nach § 2287 BGB. § 2287 BGB ist nach h.M.[22] auch auf wechselbezügliche Verfügungen von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament nach § 2265 BGB anwendbar.

 

Rz. 74

Hier wird zunächst jeweils festzustellen sein, ob es sich um erbvertraglich bindende Verfügungen oder um wechselbezüglich bindende Verfügungen aus einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament handelt. Hierbei spielt es insbesondere eine Rolle, ob die Bindungswirkung zu Lasten des Vertrags-/Schlusserben von den Beteiligten eingeschränkt wurde, etwa indem beispielsweise der Schlusserbe auf dasjenige eingesetzt wird, was beim Tod des Zuletztversterbenden der Ehegatten sich noch im Nachlass befindet. Der Anwalt wird daher den Prozessfinanzierer davon zu überzeugen haben, dass es sich in seinem Fall tatsächlich um bindende letztwillige Verfügungen handelt.

Gelingt ihm dies, wird auf nächster Stufe darzulegen sein, dass durch die vorgenommenen lebzeitigen Verfügungen eine Beeinträchtigung des Vertragserben/Schlusserben erfolgt ist, für die kein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers ersichtlich ist.[23] Insbesondere zu berücksichtigen sind hier die Fallgruppen, in denen der Erblasser durch seine lebzeitigen Verfügungen seine Altersversorgung verbessern bzw. sicherstellen wollte. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des BGH und der OLG lässt dem Erblasser teilweise erhebliche Spielräume bei diesen lebzeitigen Verfügungen. Auch hier lauern daher für Anspruchsinhaber erhebliche Prozessrisiken.

 

Rz. 75

Zur Finanzierung gelangen werden daher insoweit nur die Fälle, in denen der Anwalt dem Prozessfinanzierer von einer offensichtlich missbräuchlichen Übertragungsgestaltung zu überzeugen vermag. Hierfür kann beispielsweise das hohe Lebensalter des Erblassers bei gleichzeitiger ausreichender Altersversorgung ein erhebliches Indiz darstellen. Zahlreich und erfolgversprechend im Hinblick auf eine Prozessfinanzierung sind auch die Fälle, in denen eine Pflegeverpflichtung im Übertragungsvertrag nicht enthalten ist und eine solche lediglich vom Verfügungsempfänger behauptet wird. Geeignet sind auch Fälle, in denen das vom Gegner vorgetragene lebzeitige Eigeninteresse nicht anerkennenswert erscheint, weil die hinzunehmenden Beeinträchtigungen in keinem Verhältnis zum lebzeitigen Eigeninteresse stehen. Dies kann der Fall sein bei eklatanter Ungleichbehandlung, wenn die Schlusserben/Vertragserben nahezu leer ausgehen würden, weil kein nennenswerter sonstiger Nachlass vorhanden ist.[24]

[22] BGHZ 82, 274; Palandt/Weidlich, § 2287 Rn 1 und § 2271 Rn 10.
[23] Vgl. Palandt/Weidlich, § 2287 Rn 7 m.w.N.
[24] Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.2.2004 – 7 W 52/03, n.v.

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