Rz. 408

Die Fragen nach Behinderungen bzw. einer Schwerbehinderung ist zulässig. Der Versicherer darf nach § 20 Abs. 2 S. 3 AGG prüfen, ob nach anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation ein behinderungsbedingter Risikozuschlag erhoben oder der Vertragsschluss sogar ganz abgelehnt wird.[919]

 

Rz. 409

Erlaubt sind auch nach neuem VVG, trotz Wegfall der Spontananzeigepflicht, auch allgemein gehaltene Fragen nach Krankheiten, Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen.[920] Im Hinblick auf die Gefahrerheblichkeit sind derartige Fragen keinesfalls als unbeachtlich anzusehen; dies gilt auch für Fragen, die eine Wertung von nicht eindeutig definierten Begriffen oder Umständen erfordern.[921] Für eine generelle Unzulässigkeit derartiger Frage besteht keinerlei Bedürfnis, da die Fragen nach allgemeinen Regeln wie AVB auszulegen sind. Formuliert der Versicherer derart unklar, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht erkennen kann, ob ein bestimmter Umstand noch anzuzeigen ist, liegt eben keine Anzeigepflichtverletzung vor.[922] Der Versicherer kann gleichwohl ein anzuerkennendes Bedürfnis nach derartigen Fragen haben, um sein Risiko bei Vertragsanschluss abschätzen zu können,[923] oder auch weitere Nachfragen stellen zu können.

 

Beispiele

Fragt der Versicherer im Antragsformular, ob der Antragsteller "gewohnheitsmäßig" Medikamente (Schmerzmittel, Beruhigungsmittel, Schlafmittel), Alkohol und Drogen genommen hat oder nimmt, ist diese zu allgemein gehalten und eine Falschbeantwortung berechtigt nicht zur Herleitung nachteiliger Rechtsfolgen.[924]
Die Fragen hingegen: "Nehmen oder nahmen Sie in den letzten 10 Jahren Drogen, Medikamente, Betäubungs- oder Rauschmittel? Wurden Sie wegen der Folgen von Alkoholgenuss in den letzten 10 Jahren beraten oder behandelt?", ist nicht unklar und erfasst auch eine ärztliche Beratung, die im Zusammenhang mit einer medizinisch psychologischen Untersuchung (MPU) aufgrund eines Entzugs der Fahrerlaubnis erfolgte.[925]
[919] BGH VersR 2011, 1249.
[920] Neuhaus, O, IV, Rn 62.
[921] Vgl. zum VVG vor 2008: OLG Nürnberg r+s 1997, 305: Formulierungen, wie "in den letzten Jahren" oder "schon früher"; OLG Oldenburg VersR 1994, 1169.
[922] So zutreffend Neuhaus, O, IV., Rn 62.
[923] Vgl. Langheid in: MüKo-VVG, § 19, Rn 55.
[924] OLG Oldenburg VersR 1994, 1169.
[925] OLG Koblenz VersR 2005, 1671.

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