Rz. 5

Besondere Bedeutung dürfte die selbstständige BUV durch die Abschaffung der "Berufsunfähigkeitsrente" in der gesetzlichen Sozialversicherung erlangt haben. Seit der Gesetzesreform im Jahr 2000[7] gibt es lediglich noch eine Rente wegen voller oder teilweiser "Erwerbsunfähigkeit" für gesetzlich Versicherte (vgl. §§ 43, 241 SGB VI). Nur für vor 1961 Geborene wurde aus Gründen des Vertrauensschutzes eine gesetzliche Rente bei "Berufsunfähigkeit" beibehalten (vgl. § 240 SGB VI). Zur Absicherung des Lebensstandards ist daher eine private BUV vor allem für jüngere Geburtenjahrgänge relevant geworden.

 

Rz. 6

Die Begrifflichkeiten und die Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheiden sich erheblich von denen des Privatversicherungsrechts, auch wenn beide eine Absicherung gegen gesundheitliche Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit bieten sollen. Insofern sind die Wertungen des Sozialversicherungsrechts nicht auf das private Versicherungsrecht übertragbar, obgleich in der Praxis evtl. tatsächliche Feststellungen aus den dortigen Verfahren, wie etwa Gutachten zum Gesundheitszustand, nicht unbeachtet gelassen werden können.[8] Teilweise erwerbsgemindert sind im Sozialversicherungsrecht Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die nicht zumindest drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 2, Abs. 2 SGB VI). Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte (falls vor 1961 geboren), deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für jüngere Versicherte ist also jegliches Kriterium der bisherigen Berufstätigkeit weggefallen; es geht nur noch darum, dass überhaupt irgendeine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann.

 

Rz. 7

Die private BUV soll hingegen vor den Auswirkungen schützen, die entstehen, wenn der Versicherte wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Berufstätigkeit auszuüben. Sie soll also vor einem sozialen Abstieg aus gesundheitlichen Gründen schützen. Allerdings werden die Leistungen in den Bedingungen in der Regel auf max. 50 % des bisherigen Bruttoeinkommens aus der vormaligen Tätigkeit beschränkt.[9]

 

Rz. 8

Da der Versicherer bei Vorliegen aller Voraussetzungen im Leistungsfall nach der Konzeption der Berufsunfähigkeitsversicherung seine Leistung unabhängig von einer tatsächlich gegebenen Einkommenseinbuße des Versicherten erbringen muss, liegt eine Summenversicherung vor und keine Schadenversicherung.[10]

[7] Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl I, S. 1827.
[8] Vgl. Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, § 46, Rn 8.
[9] Vgl. Mertens in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, § 172, Rn 5.
[10] BGH VersR 2001, 601; BGH VersR 1991, 289.

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