Rz. 113

Grundidee des Einsatzes einer BQG ist der schnelle und sichere Personalabbau beim insolventen Arbeitgeber durch einvernehmliche Überleitung der Arbeitsverhältnisse in die BQG, in der sie qualifiziert, fortgebildet und auf eine Anschlussbeschäftigung im ersten Arbeitsmarkt oder bei einer Auffanggesellschaft vorbereitet werden. Dabei kann die BQG als Vehikel zur Personalreduzierung ohne komplette Stilllegung der Produktion und zur Vorbereitung einer übertragenden Sanierung dienen. In diesen Fällen wird den Arbeitnehmern, die für eine Kündigung in Betracht kommen, stattdessen der Übertritt in eine BGQ angeboten. Denkbar ist aber auch, den Übertritt in eine BQG allen Arbeitnehmern im Fall einer Betriebsstilllegung, etwa als Bestandteil eines Transfersozialplans, anzubieten, ohne gleichzeitig einen Erwerber in der Hinterhand zu haben, der eine übertragende Sanierung mit einer Einschaltung einer BQG anstrebt.

 

Rz. 114

Die BQG ist in der Regel eine eigenständige juristische Person, die zumeist in der Rechtsform der GmbH organisiert ist.[108] Entweder gründet das Insolvenzunternehmen selbst eine Beschäftigungs-/Qualifizierungsgesellschaft, greift auf eine Vorratsgesellschaft zurück oder schaltet einen externen Dienstleister ein, was der häufigere Fall sein dürfte und sich in der Praxis vielfach bewährt hat.[109]

Die unterschiedliche Qualität der zahlreichen externen Dienstleister war die wesentliche Ursache für die Änderung der §§ 111 Abs. 3 Nr. 3 und 4 SGB III zum 1.1.2011. Voraussetzung für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld ist seither, dass die Organisation und Mittelausstattung der BQG den angestrebten Integrationserfolg erwarten lassen müssen und ein Qualitätssicherungssystem vorhanden ist.[110] Seit dem 1.1.2013 müssen externe BQGs über eine Trägerzulassung gem. § 111a Abs. 1 Nr. 2 SGB III verfügen, um am Markt agieren zu können.[111] Ferner ist die Agentur für Arbeit im Vorfeld zwingend beratend zu beteiligen, § 111a Abs. 1 Nr. 1 SGB III, die schon im Vorfeld summarisch prüft, ob die Voraussetzungen zur Gewährung von Transferkurzarbeitergeld überhaupt gegeben sind.

 

Rz. 115

Zweck der BQG ist es, Arbeitnehmer des in der Krise befindlichen Unternehmens in ein Beschäftigungsverhältnis innerhalb einer betriebsorganisatorisch selbstständigen Einheit zu übernehmen, in der sog. "Kurzarbeit-Null" gem. § 111 SGB III durchgeführt wird. Im Vordergrund des Beschäftigungsverhältnisses mit der BQG steht die Qualifizierung und Fortbildung der Arbeitnehmer zur Vorbereitung auf die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Die BQG übernimmt auch die Vermittlung der Arbeitnehmer in neue Beschäftigungsverhältnisse, was nach dem Wegfall der Erlaubnispflicht für Arbeitsvermittlung ohne weiteres möglich ist.[112]

[108] Gänßbauer, S. 97 ff.; Gaul/Kliemt, NZA 2000, 674; Annuß/Lembke/Hangarter, Rn 664 ff.; Bissels/Jordan/Wisskirchen, NZI 2009, 865 ff.
[109] Gaul/Kliemt, NZA 2000, 674 ff.; Gaul/Otto, NZA 2004, 1301, 1303 f.
[110] BT-Drs. 17/1945, 16; Fachliche Weisungen Transfermaßnahmen, Transferkurzarbeitergeld, Bundesagentur für Arbeit, Fassung vom 26.4.2022, Nr. 2.7.
[111] BT-Drs. 17/6277, 84; Voelzke, NZA 2012, 177 ff.
[112] Meyer, NZS 2002, 578, 579; Ries, NZI 2002, 521, 524.

1. Übergang der Beschäftigungsverhältnisse auf die BQG

 

Rz. 116

Grundidee der Umstrukturierung und der Einschaltung einer externen BQG ist, dass alle vorgesehenen Arbeitnehmer einvernehmlich ihr Beschäftigungsverhältnis zum Altarbeitgeber auflösen und ein neues Beschäftigungsverhältnis mit der BQG begründen. Dies geschieht im Rahmen eines dreiseitigen Vertrags zwischen dem Altarbeitgeber, der BQG und dem betroffenen Arbeitnehmer.[113] Es sind folgende Vertragsbeziehungen zu unterscheiden:

 

Rz. 117

Das bisherige Beschäftigungsverhältnis wird durch schriftlichen Aufhebungsvertrag (§ 623 BGB) einvernehmlich beendet. Zur Schonung der Insolvenzmasse können die Kündigungsfristen abgekürzt werden.

Zugleich mit dem Ausscheiden beim Altarbeitgeber schließt der Arbeitnehmer mit der BQG einen neuen Arbeitsvertrag ab, der einige Besonderheiten aufweist und primär auf Qualifizierung und Vermittlung gerichtet ist. Der Arbeitsvertrag wird ohne sachlichen Grund gem. § 14 Abs. 2 TzBfG auf die Dauer bis zu zwölf Monaten befristet. Zweck der Befristung ist es insbesondere, die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der Dauer der Förderung durch Kurzarbeitergeld abzustimmen (§ 111 Abs. 1 S. 2 SBG III) und den Kostenanteil des Arbeitgebers kalkulieren und begrenzen zu können.[114] Häufig werden auch sog. dreiseitige Verträge zwischen Altarbeitgeber, Transfergesellschaft und Arbeitnehmer abgeschlossen, die zum einen die Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses, zum anderen auch die Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft regeln.

Der Übertritt in die BQG setzt arbeitnehmerseitig u.a. noch die Arbeitssuchendmeldung und die Teilnahme an einer sog. Profilingmaßnahme nach § 111 Abs. 4 Nr. 4 b SGB III vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft voraus, was bei der zeitlichen Planung unbedi...

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