Rz. 116

Grundidee der Umstrukturierung und der Einschaltung einer externen BQG ist, dass alle vorgesehenen Arbeitnehmer einvernehmlich ihr Beschäftigungsverhältnis zum Altarbeitgeber auflösen und ein neues Beschäftigungsverhältnis mit der BQG begründen. Dies geschieht im Rahmen eines dreiseitigen Vertrags zwischen dem Altarbeitgeber, der BQG und dem betroffenen Arbeitnehmer.[113] Es sind folgende Vertragsbeziehungen zu unterscheiden:

 

Rz. 117

Das bisherige Beschäftigungsverhältnis wird durch schriftlichen Aufhebungsvertrag (§ 623 BGB) einvernehmlich beendet. Zur Schonung der Insolvenzmasse können die Kündigungsfristen abgekürzt werden.

Zugleich mit dem Ausscheiden beim Altarbeitgeber schließt der Arbeitnehmer mit der BQG einen neuen Arbeitsvertrag ab, der einige Besonderheiten aufweist und primär auf Qualifizierung und Vermittlung gerichtet ist. Der Arbeitsvertrag wird ohne sachlichen Grund gem. § 14 Abs. 2 TzBfG auf die Dauer bis zu zwölf Monaten befristet. Zweck der Befristung ist es insbesondere, die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der Dauer der Förderung durch Kurzarbeitergeld abzustimmen (§ 111 Abs. 1 S. 2 SBG III) und den Kostenanteil des Arbeitgebers kalkulieren und begrenzen zu können.[114] Häufig werden auch sog. dreiseitige Verträge zwischen Altarbeitgeber, Transfergesellschaft und Arbeitnehmer abgeschlossen, die zum einen die Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses, zum anderen auch die Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft regeln.

Der Übertritt in die BQG setzt arbeitnehmerseitig u.a. noch die Arbeitssuchendmeldung und die Teilnahme an einer sog. Profilingmaßnahme nach § 111 Abs. 4 Nr. 4 b SGB III vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft voraus, was bei der zeitlichen Planung unbedingt berücksichtigt werden sollte.

Werden durch die Zahl der Arbeitnehmer, denen ein Angebot zum Wechsel in eine BGQ gemacht werden soll, die Schwellenwerte des § 17 KScHG überschritten, ist schlussendlich zu berücksichtigen, dass und wann noch eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet werden muss, da auch Aufhebungsverträge die Anzeigepflicht auslösen und regelmäßig nicht alle Arbeitnehmer das Angebot annehmen werden, sondern unter Umständen dann betriebsbedingt gekündigt werden müssen.[115]

 

Rz. 118

In der BQG wird sog. "Kurzarbeit-Null" geleistet, das heißt die Wochenarbeitszeit beträgt 0 Stunden. Die Arbeitnehmer sind jedoch verpflichtet, die angebotenen Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen wahrzunehmen, die Vermittlungsbemühungen der BQG zu unterstützen und auch Beschäftigungsverhältnisse bei Dritten anzunehmen. Dafür erhält der Arbeitnehmer von der Agentur für Arbeit Transferkurzarbeitergeld gem. § 111 SGB III, das in der Praxis regelmäßig durch Zuschüsse des insolventen Unternehmens bzw. des Insolvenzverwalters auf 75 % oder 80 % aufgestockt wird.[116]

 

Rz. 119

Typischerweise ist auch vorgesehen, dass der Arbeitnehmer für eine Tätigkeit in einem anderen Unternehmen freigestellt und das Arbeitsverhältnis zur BQG ruhend gestellt wird. Der Arbeitnehmer kann auch mit einer kurzen Ankündigungsfrist ausscheiden, wenn er eine Anschlussbeschäftigung gefunden hat. Scheidet er vorzeitig aus, hat er nicht automatisch einen Anspruch auf Auszahlung der dadurch bei der BQG entstehenden Ersparnisse, dies muss gesondert vereinbart werden.[117]

 

Rz. 120

Drittes Element des Sanierungskonzepts unter Einschaltung einer BQG ist der zwischen Insolvenzverwalter und der BQG abgeschlossene Dienstleistungs- und Kooperationsvertrag, in dem die von der BQG geschuldeten Qualifizierungs-, Fortbildungs- und Vermittlungsdienste geregelt sind und andererseits die Vergütungs- und Finanzierungspflichten sowie die sonstigen Leistungen des Insolvenzverwalters festgelegt werden.[118]

 

Rz. 121

Zu den Finanzierungslasten des Altarbeitgebers zählen insbesondere Zuschläge zum Transferkurzarbeitergeld, eventuelle Prämien (sog. "Turbo-Prämie" für schnellere Vermittlung), die Verwaltungskosten für die BQG (ca. 120–150 EUR pro Mitarbeiter) und etwaige Anteile an Weiterbildungs- und Qualifizierungskosten sowie die sog. Remanenzkosten. Das sind die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung und Entgeltzahlungen an Urlaubs- und Feiertagen). Sie belaufen sich auf ca. 40 % des bisherigen Arbeitgeberbruttoaufwands.[119] An Urlaubs- und Feiertagen leistet die BA nicht, da die Arbeit nicht mangels Beschäftigungsmöglichkeit ausfällt.[120]

 

Rz. 122

Eine Regelung über die sog. Abgangsersparnis ist empfehlenswert. Diese Regelung betrifft die Frage, was mit dem der BQG zur Verfügung gestellten Geld passiert, das am Ende der Förderung übrig bleibt, weil Arbeitnehmer aufgrund schnellerer Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz früher als erwartet aus der BQG ausgeschieden sind.

[113] Gänßbauer, S. 237 ff.
[114] Meyer, NZS 2002, 580 f.; Annuß/Lembke/Hangarter, Rn 706 ff.
[115] Zum Meinungsstand vgl. ErfK/Kiel, § 17 KSchG Rn 14.
[116] Gaul/Kliemt, ...

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