Rz. 427

Gemäß § 1698 Abs. 1 BGB haben Eltern dann, wenn ihre elterliche Sorge endet, also insbesondere bei Volljährigkeit ihres Kindes, Rechenschaft abzulegen; diese Pflicht besteht aber nur dann, wenn das Kind dies verlangt. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, der hat dem Berechtigten eine geordnete Zusammenstellung des Vermögensbestandes (§ 260 BGB) und eine die Einnahmen oder die Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen (§ 259 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 428

Die Pflicht Rechenschaft abzulegen geht aber über die Pflicht Rechnung zu legen hinaus.[1] Wer Rechenschaft abzulegen hat, hat zusätzlich zur Rechnungslegung auch die Pflicht, die Verwaltung zu rechtfertigen, hier: für die Zeit der Minderjährigkeit.

 

Rz. 429

Die Pflicht der Eltern zur Rechenschaftslegung geht aber nicht so weit wie es § 259 BGB anordnet: Über Nutzungen des Kindesvermögens brauchen die Eltern nur insoweit Rechenschaft abzulegen, als Grund zu der Annahme besteht, dass sie die Nutzungen entgegen der Vorschrift des § 1649 BGB verwendet haben. Nach dieser Vorschrift müssen Einkünfte des Kindesvermögens zunächst zur ordnungsgemäßen Verwaltung und sodann für den Unterhalt des Kindes verwandt werden. Bleiben dann noch Mittel übrig, so dürfen die Eltern sie zum eigenen Unterhalt und zu dem anderer minderjähriger, unverheirateter Geschwister des Kindes verwenden, soweit dies unter Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten der Billigkeit entspricht.

Eltern haben gemäß § 1698 Abs. 1 BGB weiterhin vor allem die Pflicht, dem Kind sein Vermögen herauszugeben, soweit sie es verwaltet haben, dies einschließlich der Surrogate (§ 1646 BGB).

 

Rz. 430

Stellt das Kind – vielleicht unter Störung des Familienfriedens – den Anspruch auf Rechenschaftslegung, so wird es zunächst beim Familiengericht nach einem eingereichten Vermögensverzeichnis gemäß § 1640 BGB nachfragen. Dieses Verzeichnis wird dem Kind nicht von Amts wegen beim Eintritt in die Volljährigkeit übermittelt, weil eine entsprechende Anordnung der Justizverwaltungen der Länder fehlt. Es gibt nicht einmal eine Vorschrift, wonach das Gericht den volljährig Gewordenen auf das Vorhandensein eines solchen Verzeichnisses hinzuweisen hat. Aus dieser Untätigkeit der Justiz erklärt es sich, dass oft erst nach Jahren die volljährig Gewordenen vom (ehemaligen) Vorhandensein von Vermögen erfahren.

 

Rz. 431

Fehlen Vermögensgegenstände in dem dem Kind auf Verlangen mitgeteilten Verzeichnis, so wird es alsdann von den Eltern Rechnungslegung verlangen. Können die Eltern Differenzen zwischen dem Vermögen, das dem Kind gemäß § 1698 BGB herausgegeben wurde, und dem Vermögen, das im familiengerichtlichen Verzeichnis aufgeführt ist, nicht rechtfertigen, so wird das Kind an Schadensersatz gemäß § 1664 BGB denken. Da der Untergang bzw. die Verschlechterung der Vermögensgegenstände in den Verantwortungs- und Gefahrenbereich der Eltern fällt, ist es gerechtfertigt, ihnen nach dem Grundgedanken des § 280 BGB die Beweislast für ihr mangelndes Verschulden aufzuerlegen.[2]

 

Rz. 432

Macht das Kind geltend, die Nutzungen des Vermögens seien von seinen Eltern entgegen § 1649 BGB verwandt worden, dann gehört die Darlegung von Verdachtsmomenten für eine von § 1649 BGB abweichende Verwendung der Vermögenseinkünfte zur Klagbegründung.[3]

 

Rz. 433

Erteilen die Eltern dem volljährigen Kind keine Aufstellung des Vermögens und der erzielten Einnahmen und Ausgaben, dann kann das Kind darauf Klage erheben. Den Beweis schuldhaften Verhaltens der Eltern braucht das Kind hier nicht zu führen, weil es zunächst nur um die Rechnungslegung geht,[4] nicht um Schadensersatz. Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis über das Vermögen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so haben beide Eltern auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand des Vermögens, gegebenenfalls auch die Einnahmen und Ausgaben, nach bestem Wissen so vollständig angegeben haben, als sie dazu im Stande sind (§ 260 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 434

Die Ansprüche aus § 1698 BGB ist nicht mehr im Zivilprozess, sondern seit Inkrafttreten des FamFG vor dem Familiengericht geltend zu machen: Es handelt sich nämlich um eine Familienstreitsache gemäß §§ 266 Abs. 1 Nr. 4, 111 Nr. 10, 112 Nr. 3 FamFG.[5]

[1] Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1890 Rn 5.
[2] Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, § 1664 Rn 2; Staudinger/Coester, BGB, 2014, § 1698 Rn 4.
[3] Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, § 1698 Rn 1.
[4] Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, § 1698 Rn 1.
[5] Staudinger/Coester, BGB, 2014, § 1698 Rn 12.

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