Rz. 473

Ist der Gläubiger erwerbstätig, obwohl er hierzu – etwa wegen Betreuung gemeinsamer Kinder, wegen Krankheit oder wegen Alters[822] – nicht verpflichtet ist,[823] so wird sein Einkommen, da es aus unzumutbarer Tätigkeit erzielt wird, in der Regel nur zu einem Teil berücksichtigt. In welchem Umfang dies geschieht, lässt sich nicht schematisch festlegen, sondern richtet sich nach Billigkeit, somit letztlich nach § 242 BGB.[824] Man sollte in den folgenden Schritten prüfen:

(1) Zunächst sind die berufsbedingt notwendigen Kosten abzuziehen.

(2) Sodann ist der Betrag abzuziehen, der benötigt wird, um Mehrkosten der Lebenshaltung auszugleichen, die durch die Trennung verursacht sind (trennungsbedingter Mehrbedarf).[825] Der eheliche Lebensstandard soll gewährleistet bleiben.

(3) Weiter sind Kosten abzuziehen, die die Beibehaltung der Erwerbstätigkeit erst ermöglichen, z.B. Kosten, die durch Fremdbetreuung von Kindern anfallen.[826]

(4) Nur hinsichtlich des verbleibenden Einkommens ist zu prüfen, inwieweit es zu berücksichtigen ist.[827] Teilweise wird pauschal die Hälfte angesetzt. Teilweise wird, soweit neben Kindesbetreuung unzumutbar gearbeitet wird, der nach dem Einkommen ermittelte – fiktive – Kindesunterhalt abgezogen mit der Begründung, dass die Betreuung mindestens den Wert des Barunterhalts nach der DT habe.[828] Die Leitlinien der OLG besagen durchgängig, es sei auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen.

(5) Nach BGH[829] ist der anrechenbare Teil des überobligationsmäßig erzielten Einkommens nach der Differenzmethode zu berücksichtigen; der nicht anrechenbare Teil soll ganz unberücksichtigt bleiben.

 

Rz. 474

Für Einkommen des Schuldners aus unzumutbarer Tätigkeit gilt sinngemäß das Gleiche wie beim Gläubiger.

[822] BGH FamRZ 2013, 191: Arbeitseinkommen eines Rentners ist i.d.R. nicht zu berücksichtigen.
[823] Wird eine schon vor der Trennung ausgeübte Tätigkeit fortgeführt, ist diese nicht generell zumutbar. War neben Kindesbetreuung unzumutbar gearbeitet worden, wird nach Trennung die Mehrbelastung nicht mehr teilweise durch den anderen Elternteil aufgefangen (so z.B. BGH FamRZ 1988, 145, 149). Es ist daher auch hier im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die fortgeführte Tätigkeit zumutbar und Einkommen zu berücksichtigen ist, BGH FamRZ 1998, 1501; OLG Hamm FamRZ 2000, 26: Fortführung kann zumutbar sein.
[824] Beim nachehelichen Unterhalt § 1577 Abs. 2 BGB.
[825] Vgl. BGH FamRZ 1990, 1085, 1088; Luthin, FamRZ 1996, 328.
[826] Auch fiktive Kosten, wenn Familienangehörige oder Partner ohne Entgelt betreuen, BGH FamRZ 2005, 1541; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 150. Wellenhofer, FamRZ 2007, 1282, 1283.
[827] OLG Köln FamRZ 2002, 463; OLG Hamm NJW 2003, 223.
[828] So OLG Hamm FamRZ 2003, 1105.

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