Rz. 344
Die Dauer der Ehe kann insofern eine entscheidende Rolle spielen, als zu prüfen ist, inwieweit der Berechtigte durch die Ehe eine Unterbrechung seiner Arbeitstätigkeit vorgenommen hat. Je länger diese Unterbrechung gedauert hat, desto mehr muss dies bei der Zumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und bei der Gesamtbewertung eine Rolle spielen.[541] Umgekehrt gilt: Je kürzer die Ehedauer, desto eher besteht eine Erwerbsobliegenheit.[542] Aber auch bei Ehen von langer Dauer i.S.d. § 1578b Abs. 1 S. 2 BGB, also von etwa mehr als 20 Jahren, scheidet eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht aus, sofern keine fortwirkenden ehebedingten Nachteile vorliegen.[543]
Rz. 345
Wie die Dauer der Ehe spielt auch die Dauer der Trennung für die Frage der Erwerbsobliegenheit eine wichtige Rolle. Je länger die Trennung dauert, desto geringer wird das Vertrauen in den Fortbestand der Ehe sein. In der Regel wird man während des ersten Trennungsjahres keine Erwerbsobliegenheit annehmen können.[544] Sie setzt in der Regel erst nach Ablauf des ersten Trennungsjahres ein.[545]
Vor Ablauf des Trennungsjahres kann eine Erwerbsobliegenheit angenommen werden, wenn besondere Umstände die endgültige Trennung und künftige Scheidung der Ehepartner nahelegen. Haben die Eheleute z.B. eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, ist dies ein Indiz für das endgültige Scheitern der Ehe. Gleichwohl wird es darauf ankommen, ob diese (notarielle) Vereinbarung sehr früh nach Beginn des Trennungsjahres oder im letzten Teil der einjährigen Trennung abgeschlossen wurde. Bei sehr früher Vereinbarung über die Trennungs- und Scheidungsfolgen kann es durchaus noch im Verlauf des Trennungsjahres zu einer Sinneswandlung kommen, die in eine Versöhnung und Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft mündet.
Stellt der unterhaltsbedürftige Ehegatte kurz vor Ablauf des Trennungsjahres mit Zustimmung des Ehepartners Scheidungsantrag, ist davon auszugehen, dass die Ehe endgültig gescheitert ist und der unterhaltsbedürftige Ehegatte verpflichtet ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
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