Rz. 737

Aufgrund des Bestrebens des Gesetzgebers, dem "großen Familiengericht"[1086] weitgehend alle Verfahren zuzuordnen, welche im weitesten Sinne familienrechtliche Rechtsverhältnisse betreffen, wurde in § 266 FamFG ein Auffangtatbestand für alle von den §§ 111 ff. FamFG noch nicht erfassten Verfahren geschaffen. Hieraus folgt umgekehrt aber, dass solche Verfahren, welche weder in § 266 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 oder Abs. 2 FamFG erfasst sind, keine Familiensache darstellen, folglich auch nicht vor dem Familiengericht anhängig gemacht werden können.[1087] Mit der gesetzlichen Zuordnung unterliegen folglich nunmehr auch Verfahren der Entscheidung der Familiengericht, welche früher vor Zivilgerichten abzuändern waren.[1088]

Zur Rechtfertigung der Zuständigkeit des Familiengerichts für diese Verfahren werde auf die "besondere Sachnähe zu den Regelungsgegenständen des Familienrechts[1089] hingewiesen."

 

Rz. 738

Die in § 266 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 FamFG erwähnten "sonstigen Familiensachen" sind gem. § 112 Nr. 3 FamFG Familienstreitsachen, auf die in Anwendung von § 113 FamFG grundsätzlich die Vorschriften der ZPO anzuwenden sind.

Bei dem in § 266 Abs. 2 FamFG ausgesprochenen Verfahren im Zusammenhang mit Beschränkungen oder dem Ausschluss einer Mitverpflichtungsermächtigung nach § 1357 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine FGG-Familiensache.[1090]

In die Zuständigkeit des Familiengerichts fallen nunmehr:

Ansprüche zwischen Verlobten und ehemals Verlobten

aus der Ehe herrührende Ansprüche, also beispielsweise:

Herausgabe von Bildmaterial oder Tagebuch,[1091]
Unterlassung von Beleidigungen,
sog. Ehestörungsklagen, aus der Ehe stammende Unterlassungsansprüche gegen Störungen,[1092]
Ansprüche aus der "Generalklausel" des Eherechtes § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB,[1093]
hierunter fallen ebenfalls Ansprüche zur Durchführung des begrenzten Realsplittings oder Schadensersatzansprüche bei Verletzungen der Mitwirkungspflicht.

Ansprüche miteinander verheirateter oder ehemals miteinander verheirateter Personen, beispielsweise:

aus der Aufteilung eines Veräußerungsguthabens,
aus einer gemeinsamen Immobilie,
Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Beteiligung oder Auseinandersetzung einer Ehegatteninnengesellschaft,
Streitigkeiten im Zusammenhang mit Ausgleichsverpflichtungen gesamtschuldnerisch bestehender Verbindlichkeiten,
Streitigkeiten im Zusammenhang mit Nachzahlung oder Aufteilung der Rückerstattung etc.,[1094]
Streitigkeiten wie etwa die Rückabwicklung von Zuwendungen der Schwiegereltern Zuwendungen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage,
Streitigkeiten über die Rückgewähr von Zuwendungen unter Eheleuten (unbenannte Zuwendungen[1095]),
Streitigkeiten aus Ausgleichszahlungen, die die Eheleute in sonstiger Weise aufgrund von Vereinbarungen bei Trennung getroffen haben.[1096]

Streitigkeiten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis

Streitigkeiten im Zusammenhang mit Umgang, z.B. Schadensersatzansprüche bei Vereitelungen des Umgangsrechts und vergeblich aufgewandte Reisekosten.[1097]
 

Rz. 739

 

Hinweis

Für die Anwendbarkeit der in § 266 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 FamFG erwähnten Rechtsstreitigkeiten vor dem Familiengericht ist immer zuvor abzuklären, ob die Rechtsbeziehung der Parteien in die Zuständigkeit eines anderen Rechtsbereiches, und zwar

der Arbeitsgerichte,
der in § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a bis k ZPO genannten Sachgebiete,
des Wohnungseigentumsrechts

oder in das Erbrecht fallen. Dies abzuklären bereitet häufig nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Schwierigkeiten dürften sich also immer dann ergeben, wenn die Bereiche sich überschneiden, so dass vorab geklärt werden muss, wo der "Schwerpunkt" der zu klärenden Rechtsfrage anzusiedeln ist.

[1086] Borth, FamRZ 2007, 1925.
[1087] Friederici/Kemper/Völker/Clausius, FamFG, § 266 Rn 2; vgl. Keidel/Giers, FamFG, § 266 Rn 7, 23.
[1088] BT-Drucks 16/6308, S. 367.
[1089] BT-Drucks 16/6308, S. 586 f.
[1090] Vgl. Horndasch/Viefhues/Boden/Kremer, FamFG, § 266 Rn 3.
[1091] BT-Drucks 16/6308, S. 262.
[1092] Kroiß/Seiler, Das neue FamFG, § 3 Rn 464; aber: bei Äußerung von Dritten Unterlassungsklage keine Fam.-Sache: BGH v. 19.2.2014 – XII ZB 45/13.
[1093] Horndasch/Viefhues/Boden/Kremer, FamFG, § 266 Rn 13.
[1094] Vgl. für die vorerwähnten Streitigkeiten BGH NJW 2003, 510; BGH NJW 2006, 1268; BGH FamRZ 2007, 1229.
[1095] Vgl. auch Aufstellung bei Wever, FamRZ 2008, 1485.
[1097] Früher ausdrücklich den Zivilgerichten zugewiesen: BGH NJW 2002, 2566.

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