a) Grundlagen

 

Rz. 36

Im Falle von Trennung und Scheidung wird häufig der Wunsch nach einer Vereinbarung zum Sorgerecht geäußert. Dies gilt umso mehr, als die gerichtliche Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil, wie aufgezeigt, nur in Ausnahmefällen erfolgt, in denen es massiv an der Fähigkeit oder Bereitschaft zur Kooperation in Fragen des Kindeswohls fehlt.

Eltern können die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen der beiden Elternteile miteinander vereinbaren. Dies wird dann im gerichtlichen Verfahren umgesetzt. Die Vereinbarung selbst führt – noch – nicht zu einer sorgerechtlichen Änderung. Unmittelbare Veränderungen in den Entscheidungsbefugnissen betreffend das Kind sind lediglich durch Erteilung von Vollmachten möglich.

Eine Vereinbarung ist nicht notwendig in notarieller Form zu schließen. In der Regel wird man aber weitere Vereinbarungen im Rahmen von Trennung und Scheidung schließen, von denen eine der Regelungen mit hoher Wahrscheinlichkeit notarieller Beurkundung bedarf.

Auch wenn das Gesetz für Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung keine generelle Beurkundungspflicht anordnet, gibt es nämlich Ausnahmen:

Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt (§ 1585c Abs. 1 S. 2 BGB),
Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (§ 7 VersAusglG),
Vereinbarungen über Zugewinnausgleichsregelung im Hinblick auf ein Scheidungsverfahren (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB) sowie
Vereinbarungen über die Veräußerung von Grundstücken und Grundstücksteilen im Zusammenhang mit der Ehescheidung (§ 311b BGB).

Die vorbezeichneten Ausnahmen werden in der Praxis dadurch zur Regel erhoben, dass die Vereinbarung über einen der vorbezeichneten Ausnahmegegenstände zu der Beurkundungspflicht aller übrigen Vereinbarungen in diesem Vertrage führt.[68]

b) Typischer Sachverhalt

 

Rz. 37

Die Eheleute M und F leben voneinander getrennt. Die Ehewohnung ist aufgelöst. M wohnt in Bremen. F ist mit M’s Einverständnis mit der gemeinsamen 12-jährigen Tochter nach Nürnberg gezogen, weil ihre Eltern und Geschwister dort wohnen. M und F wollen sich zunächst für die Zeit der Trennung über die Fragen von Unterhalt und elterlicher Sorge einigen. Wegen der räumlichen Entfernung halten sie die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge für nicht praktikabel. Sie schließen daher die folgende notarielle Vereinbarung, wobei der Notar zur elterlichen Sorge Folgendes erläutert: Einerseits bindet die Zustimmung eines Elternteils im Verfahren zu Regelungsanträgen der anderen Seite das Gericht im Rahmen von § 1671 Abs. 2 BGB. Andererseits ist die Zustimmung bis zum Abschluss und bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung frei widerruflich.[69] Dem Familiengericht stehen insoweit weder inhaltliche Kontrollbefugnisse noch ein Auswahlermessen zu, es sei denn, das Kindeswohl erfordert eine abweichende Regelung.[70]

[69] Vgl. Schwab, FamRZ 1998, 457, MüKo-BGB/Finger, § 1671 Rn 62 f. m.w.N.
[70] BeckFormB FamR/Finger, Form. E IV. 1 (Anm. 2).

c) Muster

aa) Muster: Vereinbarung alleiniger elterlicher Sorge

 

Rz. 38

Muster 15.6: Vereinbarung alleiniger elterlicher Sorge

 

Muster 15.6: Vereinbarung alleiniger elterlicher Sorge

§ _____ Elterliche Sorge

1. Wir haben uns darauf verständigt, dass F nach Scheidung der Ehe die alleinige elterliche Sorge für unser gemeinsames Kind K zustehen soll, da die räumliche Entfernung zwischen M und dem Wohnort von K zu groß erscheint, gemeinsame Entscheidungen in angemessener Zeit treffen zu können.

2. M wird entsprechende Regelungsanträge der F im laufenden Scheidungsverfahren unterstützen.

bb) Muster: Vereinbarung alleiniger elterlicher Sorge mit Beteiligung des anderen Elternteils

 

Rz. 39

Muster 15.7: Vereinbarung alleiniger elterlicher Sorge mit Beteiligung des anderen Elternteils

 

Muster 15.7: Vereinbarung alleiniger elterlicher Sorge mit Beteiligung des anderen Elternteils

§ _____ Elterliche Sorge

1. Wir haben uns darauf verständigt, dass F nach Scheidung der Ehe die alleinige elterliche Sorge für unser gemeinsames Kind K zustehen soll, da die räumliche Entfernung zwischen M und dem Wohnort von K zu groß erscheint, gemeinsame Entscheidungen in angemessener Zeit treffen zu können.

2. M wird entsprechende Regelungsanträge der F im laufenden Scheidungsverfahren unterstützen.

3. F sichert M andererseits zu, ihn bei Fragen von erheblicher Bedeutung für das Kindeswohl zu beteiligen, insbesondere ihn nach seinen Vorstellungen zu fragen und diese in angemessener Form zu berücksichtigen, selbst wenn er nicht sorgeberechtigt ist. Dies betrifft namentlich die folgenden Bereiche:

Schul- und Berufsausbildung,
medizinische Eingriffe, namentlich Operationen, sowie
Reisen des Kindes in das außereuropäische Ausland.
 

Rz. 40

Verzichten die Beteiligten auf eine das gerichtliche Verfahren vorausgehende notarielle Vereinbarung oder ist sie aus sonstigen Gründen nicht notwendig, genügen übereinstimmende Willenserklärungen der Eltern im Scheidungsverfahren, um zu einer Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge zu gelangen, es sei denn, die Lösung gefährdet das Kindeswohl.

cc) Muster: Vollmacht betr. ein Kind

 

Rz. 41

Eine Alternative zur einvernehmlichen Übertragung alleiniger elterlicher Sorge stellt die Erteilung einer Vollmach...

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