Rz. 588

Wer sich nicht selbst unterhalten kann und auch nicht von anderen unterhalten wird, erhält gemäß § 2 SGB XII auf Antrag Sozialhilfe, soweit und solange er einen Unterhaltsanspruch nicht durchsetzen kann und keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Nach §§ 33 SGB II und 94 SGB XII geht der Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeempfängers jeweils bis zu der Höhe, in der Sozialhilfe gewährt wird, für die Zeit der Sozialhilfegewährung auf den Träger der Sozialhilfe über. Für die Zukunft ändert sich somit nichts an der materiellen Unterhaltsberechtigung des Gläubigers. Für die Vergangenheit kann er jedoch wegen des Forderungsübergangs in dem Umfang, wie Sozialhilfe gewährt worden ist, den Unterhaltsanspruch nicht mehr durchsetzen.[954]

 

Rz. 589

Da der Sozialhilfeanspruch gegenüber dem Unterhaltsanspruch subsidiär ist, wirkt sich die gewährte Sozialhilfe nicht auf den Unterhalt aus. Der Schuldner kann den Gläubiger also auch nicht etwa darauf verweisen, er solle Sozialhilfe in Anspruch nehmen.[955]

 

Rz. 590

Verweigert der Schuldner Unterhaltszahlungen, so kann es geraume Zeit dauern, bis der Gläubiger tatsächlich Unterhaltsleistungen erhält. Denn selbst aus einer einstweiligen Anordnung muss zunächst vollstreckt werden, so dass ohne weiteres Monate verstreichen können, bis auch nur der Mindestunterhalt durch Titulierung und Vollstreckung durchgesetzt ist. Sofern der Gläubiger nicht über Rücklagen verfügt, muss ihm deshalb empfohlen werden, beim örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe einen Sozialhilfeantrag zu stellen.

 

Rz. 591

Wird beim Familiengericht ein Unterhaltsantrag gestellt und dann für die Zeit, die von diesem Antrag erfasst wird, Sozialhilfe geleistet, muss das Verfahren für den fraglichen Zeitraum in Höhe der geleisteten Sozialhilfe wegen des Forderungsübergangs auf den Sozialhilfeträger für erledigt erklärt werden. Der Antrag kann nicht etwa in Höhe der geleisteten Sozialhilfe auf Zahlung an den Sozialhilfeträger (Prozessstandschaft) umgestellt werden. Der Sozialhilfeträger kann den Unterhaltsgläubiger auch nicht zur Forderungseinziehung an ihn ermächtigen.[956] Allerdings kann der Sozialhilfeträger den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch auf den Unterhaltsgläubiger zurückübertragen; in diesem Fall ist das Verfahren auf Kosten des Sozialhilfeträgers (§ 94 Abs. 5 SGB XII) vom Unterhaltsgläubiger fortzuführen.

[954] Zum Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger Hampel, FamRZ 1996, 513.
[955] BGH FamRZ 1984, 364; BGH FamRZ 1992, 41.
[956] BGH FamRZ 1996, 1203 und BGH FamRZ 1996, 1207. Zur Frage, inwieweit das auch für Sozialhilfezahlungen gilt, die erst nach Rechtshängigkeit geleistet werden, siehe BGH NJW 1986, 3206, 3208.

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