Rz. 140

Die Ergebnisse des Erbscheinsverfahrens entfalten keine Bindungswirkung für das angerufene Prozessgericht.[149] Das angerufene Prozessgericht kann das Verfahren auch nicht bis zum Abschluss des Erbscheinsverfahrens aussetzen, § 148 ZPO. Das Nachlassgericht ist jedoch an das Ergebnis des Prozessgerichts gebunden.[150] Auch kann das Nachlassgericht das Erbscheinsverfahren aussetzen, bis das Prozessgericht in einem Erbprätendentenstreit entschieden hat, § 21 FamFG. Die Beteiligten eines Erbscheinsverfahrens können sich in einem Vergleich darauf verständigen, einen bestimmten Erbscheinsantrag nicht mehr durch Verfahrensrechte anzugehen, jedoch können sich die Beteiligten nicht über das Erbrecht selbst durch den Vergleich verständigen.[151] Insbesondere ist das Nachlassgericht auch nicht an einen Auslegungsvertrag, also eine Vereinbarung der Beteiligten über die Auslegung einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen, gebunden.[152] Lediglich eine Mindermeinung spricht einem solchen zwischen den Beteiligten eines Erbscheinsverfahrens geschlossenen Vergleich eine Bindungswirkung für das Prozessgericht zu.[153] Ebenso ist das Grundbuchamt an die Ergebnisse des Erbscheinsverfahrens gebunden, es darf keine eigenen Ermittlungen anstellen.[154]

 

Rz. 141

 

Praxishinweis

Zwar ist das Prozessgericht nicht an die Ergebnisse des Erbscheinverfahrens gebunden, aber prozesstaktisch kann der erteilte Erbschein für die Partei, die sich auf seine Richtigkeit beruft, doch ggf. gegenüber dem Prozessgericht eine indizierende Wirkung entfalten.

 

Rz. 142

Wurde ein bestimmter Erbschein erteilt oder der Antrag zurückgewiesen, ist damit das Erbscheinsverfahren abgeschlossen. Jeder neue Antrag auf Erteilung eines bestimmten Erbscheins, auch wenn inhaltsgleich derselbe beantragt wird, dessen Erteilung das Nachlassgericht durch Entscheidung abgewiesen hat, führt zu einem neuen Erbscheinsverfahren.[155] Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins kann jederzeit bis zum Abschluss des Erbscheinsverfahrens zurückgenommen werden.[156]

[149] BayObLG FamRZ 1999, 334; Soergel/Jaspert, § 2353 Rn 47; OLG München ZEV 1995, 459 m. Anm. Damrau.
[150] Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 39 III.
[152] Soergel/Jaspert, § 2353 Rn 48.
[153] Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 34 IV 3 c, d.
[154] Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 788.
[155] Soergel/Jaspert, § 2353 Rn 16.
[156] MüKo-BGB/Grziwotz, § 2353 Rn 61.

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